#Lichtzwang

2025-12-03

ALLMÄHLICH CLOWNGESICHTIG,
nichtsgespiegelt,

die Schminke Wahrheit blaugefrorn
im Winkelmund,

Frostpollen Puder auf dem blanken Überschädel,
rund um die dünne Fragelocke Schwarz,

die Brauen, Brauen: wachsend,
zwei Riesenfühlerkämme, zwei,
– du großgestrählte,
großgespürte Rauhnacht Immerimmer –,
schon fortgeschwungen aus der Flocke Welt,
nicht hin, nicht her.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-11-21

STREUBESITZ, staub-
unmittelbar.

Abend um Abend schweben
die den Gedanken entzognen
Botschaften ein,
königshart, nachthart,
in die Hände der Klage-
vögte:

aus dem Knick
ihrer Lebens-
linien
tritt lautlos die Antwort:
der eine ewige
Tropfen
Gold.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-11-15

EINEM BRUDER IN ASIEN

Die selbstverklärten
Geschütze
fahren gen Himmel,

zehn
Bomber gähnen,

ein Schnellfeuer blüht,
so gewiß wie der Frieden,

eine Handvoll Reis
erstirbt als dein Freund.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-10-29

SPERRIGES MORGEN
ich beiße mich in dich, ich schweige mich an dich,

wir tönen,
allein,

pastos
vertropfen die Ewigkeitsklänge,
durchquäkt
von heutigem
Gestern,

wir fahren,

groß
nimmt uns der letzte
Schallbecher auf:

den beschleunigten Herzschritt
draußen
im Raum,
bei ihr, der Erd-
achse.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-09-15

IM ZEITWINKEL SCHWÖRT
die entschleierte Erle
still vor sich hin,

auf dem Erdrücken, handspannenbreit,
hockt die durchschossene
Lunge,

an der Flurgrenze pickt
die Flügelstunde das Schneekorn
aus dem eigenen Steinaug,

Lichtbänder stecken mich an,
Kronschäden flackern.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-08-15

DIE MIR HINTERLASSNE
balkengekreuzte
Eins:

an ihr soll ich rätseln,
während du, im Rupfengewand,
am Geheimnisstrumpf strickst.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-07-13

KEIN HALBHOLZ mehr, hier,
in den Gipfelhängen,
kein mit-
sprechender
Thymian.

Grenzschnee und sein
die Pfähle und deren
Wegweiser-Schatten
aushorchender, tot-
sagender
Duft.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-06-23

WAS ES AN STERNEN BEDARF,
schüttet sich aus,

deiner Hände laubgrüner Schatten
sammelt es ein,

freudig zerbeiß ich
das münzenkernige
Schicksal.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-06-18

UNTER DER FLUT
fliegen, an
gehöhten schwarzen
Opfersteinen vorbei,

die unendlich geerdete Schwermut
in den
Fahrwerkschächten,

berauschte Flugschreiber im
Sehnsuchtsgehänge,

künftige Fundstücke, silbrig,
im
schädligen Cockpit,

Sichttunnels, in
den Sprachnebel geblasen,

Selbstzündblumen
an allen Kabeln,

im großen, unausgefahrenen
Felgenring deinen
genabten Schatten,
Saturn.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-06-07

WAS ES AN STERNEN BEDARF,
schüttet sich aus,

deiner Hände laubgrüner Schatten
sammelt es ein,

freudig zerbeiß ich
das münzenkernige
Schicksal.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-06-02

HIGHGATE

Es geht ein Engel durch die Stube –:
du, dem unaufgeschlagenen Buch nah,
sprichst mich
wiederum los.

Zweimal findet das Heidekraut Nahrung.
Zweimal erblaßts.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-05-25

HERZSCHALL-FIBELN, eingezäunt,

das Kranichpaar
denkt sich dir vor,

aspektral
verschenkt sich das Licht deiner Blume,

dem Fangbein der Mantis
begegnet dein über-
sterniges
Immer.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-04-07

IM ZEITWINKEL SCHWÖRT
die entschleierte Erle
still vor sich hin,

auf dem Erdrücken, handspannenbreit,
hockt die durchschossene
Lunge,

an der Flurgrenze pickt
die Flügelstunde das Schneekorn
aus dem eigenen Steinaug,

Lichtbänder stecken mich an,
Kronschäden flackern.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-03-15

VERWORFENE, not-
freundliche,
kunkelbeinige
Göttin:

Wo du dich auftust, im Kniesitz,
dreht sich ein wissendes Messer
um seine Achse,
im Gegenblut-
Sinn.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-02-25

WAS ES AN STERNEN BEDARF,
schüttet sich aus,

deiner Hände laubgrüner Schatten
sammelt es ein,

freudig zerbeiß ich
das münzenkernige
Schicksal.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-02-10

DIE EWIGKEITEN fuhren
ihm ins Gesicht und drüber
hinaus,

langsam löschte ein Brand
alles Gekerzte,

ein Grün, nicht von hier,
umflaumte das Kinn
des Steins, den die Waisen
begruben und wieder
begruben.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-02-03

JETZT, da die Betschemel brennen,
eß ich das Buch
mit allen
Insignien.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-02-02

UNTER DER FLUT
fliegen, an
gehöhten schwarzen
Opfersteinen vorbei,

die unendlich geerdete Schwermut
in den
Fahrwerkschächten,

berauschte Flugschreiber im
Sehnsuchtsgehänge,

künftige Fundstücke, silbrig,
im
schädligen Cockpit,

Sichttunnels, in
den Sprachnebel geblasen,

Selbstzündblumen
an allen Kabeln,

im großen, unausgefahrenen
Felgenring deinen
genabten Schatten,
Saturn.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-01-31

BLITZGESCHRECKT, unverwandelt, kaum
gesträubt:
Géricaults
Pferd,
schon
von deinen Nadelblicken geheilt
über und über.

Noch hier in diesem
Gewitter
reitest du's zu.

Ein Trittstein, noch fern deinem Fuß,
winkt mit der einen
rötlichen
Strähne aus meinem Bart.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

2025-01-17

LAUTER
Einzelkinder
mit leisen, moorigen
Muttergerüchen im Hals,
zu Bäumen – zu Schwarz-
erlen – erkoren,
duftlos.

Aus: #Lichtzwang (1970)

#PaulCelan #Celan #Lyrik #poetry

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