#Mesopotamien

2025-10-24

Sintflutartig

Sintflutartige Niederschläge, sintflutartige Überschwemmungen, sintflutartiges Hochwasser. In Zeiten des Klimawandels bietet es sich an, Bezug zu Katastrophen wie der Sintflut zu nehmen. Nicht nur in Diskussionen und Publikationen, sondern auch auf Fachtagungen. So bietet die Friedrich-Ebert-Stiftung am 25.10. dieses Jahre in Leipzig eine Veranstaltung an zum Thema „Vor oder nach mir die Sintflut. Naturwissenschaftliche, politische und theologische Perspektiven auf den Klimawandel.“ Zwei andere Institutionen haben den Zusammenhang schon behandelt: Das Institut für Sozialforschung in Frankfurt am 22. und 23.5. unter dem Titel „Nach uns die Sintflut – Krisenbewältigung zwischen Externalisierung und Generativität“. Und das Futurium in Berlin am 26.9. zum gleichen Thema: „Nach uns die Sintflut. Klimaschutz zwischen Stillstand und Aktivismus“.

Sintflut bezeichnet eine umfassende landesweite Überschwemmung, wie sie vor allem in der vorbiblischen Schöpfungsgeschichte beschrieben wird. Die Legende kommt aber auch in anderen mythischen Kulturen vor, zumeist als Strafe für die Sündhaftigkeit der Menschheit. Nur wenige überleben dann die Katastrophe. Das Wort ‘sintflut’ stammt übrigens aus dem Mittelhochdeutschen, wobei ‘sint’ dauerhaft und nicht Sünde bedeutet.

Hier eine Kurzfassung für diejenigen, die keine Bibelkenntnisse haben: Gott beschließt, die sündige Menschheit durch eine große Flut zu vernichten, ringt sich dann aber zu einer Ausnahme durch. Einige gottesfürchtige Personen, nämlich Noah, seine Frau, seine drei Söhne nebst Ehepartnerinnen und paarweise verschiedenste Tierarten sollen sich auf eine Arche retten, die Noah baut. Es regnet und zwar dauerhaft 40 Tage und 40 Nächte. Das Wasser überschwemmt 150 Tage lang die Erde. Dann verschwindet es, die Arche landet auf dem Berg Ararat (im Nordosten der heutigen Türkei). Personen und Tiere sind gerettet.

Die biblische Sintflut ist jedoch weder die einzige noch die erste Überschwemmungslegende. Schon das Atrahasis-Epos der Sumerer in Mesopotamien – verfasst um 1800 v.Chr. – und das Gilgamesch-Epos der Babylonier – entstanden um 1600 v.Chr. – berichten von einer gottgesandten Flut, die die Menschheit vernichten soll. Auch hier wird ein Menschenpaar nebst Tieren dank einer Arche gerettet. Die Schöpfungsgeschichte der Bibel (verfasst im 9. Jh. v.Chr.) ist wohl eher ein Plagiat.

Nun ist das kein Beweis dafür, dass die Sumerer den Mythos der Sintflut erdacht oder gar ein vergleichbares Ereignis erlebt haben. Sie gelten jedoch als Erfinder der Schreibschrift (seit 3300 v.Chr. ist die Keilschrift nachweisbar) und hatten somit die Möglichkeit, ihre Legenden der Nachwelt zu übermitteln. Und sie haben die Erzählung weitergetragen. Auch in der griechischen – und später der römischen – Mythologie gibt es – aus der Zeit Anfang des 5. Jh. v.Chr. – Berichte über eine Sintflut, bei der die Menschen mit Ausnahme des Paares Deukalion und Pyrrha vernichtet wurden. 

Wissenschaftliche Funde und geologische Belege für eine globale Überflutung, die die gesamte Erde bedeckt und das menschliche Leben ausgelöscht hätte, gibt es nicht. Daher liegt es nahe, anzunehmen, dass ein konkretes regionales Ereignis der Anlass dafür war, und die Sintfluterzählung ihren Ursprung in tatsächlichen, katastrophalen Flut- und Überschwemmungserlebnissen hat. Wissenschaftler suchen schon seit Jahren danach. Zwar enthalten auch Schriften und Sagen aus Äthiopien, China, Island und Australien Hinweise auf riesige Fluten, doch gibt es konkrete Schilderungen nur aus dem vorderasiatischen Raum. Daher konzentriert sich die Forschung auf diese Region.

Als eine mögliche Erklärung gilt der Tatbestand, dass das Schwarze Meer vor 7.600 Jahren durch das Mittelmeer geflutet wurde. Bohrkerne belegen, dass das Schwarze Meer bis dahin ein großer Süßwassersee war, der vom Mittelmeer durch eine natürliche Barriere am Bosporus getrennt war. Der damalige Anstieg des globalen Meeresspiegels (einschließlich des Mittelmeers) führte dazu, dass ein Durchbruch entstand und riesige Wassermassen in das etwa 150 m tiefer gelegene Schwarze Meer strömten und es in einen Salzwassersee umwandelten. Fachleute haben berechnet, dass an jedem Tag rund 40 Kubikkilometer Wasser mit 80 bis 100 km/h durch die Bresche im Bosporus geschossen seien. Schätzungen zufolge musste der weltweite Meeresspiegel deshalb im Laufe der Jahre um insgesamt rund 30 cm sinken.

Der rapide Anstieg des Meeresspiegels zwang die Bevölkerung zur Flucht in höher gelegene Gebiete; sie musste ihren Lebensunterhalt durch Ackerbau und Viehzucht aufgeben. Man kann sich durchaus vorstellen, dass die Menschen anfangs nur von einem vorübergehenden Ereignis ausgingen und umso hektischer reagierten, als klar wurde, dass es sich um eine unumkehrbare Entwicklung handelte. Die Debatte über das tatsächliche Ausmaß, das Tempo und den genauen Zeitpunkt der Überflutung ist jedoch nicht abgeschlossen. Daher ist auch nicht zu beurteilen, wie plötzlich und wie vehement die ansässige Bevölkerung getroffen wurde.

Dieses Ereignis könnte also durchaus die Grundlage für Mythen über eine Sintflut und für die Geschichte von Noah und seiner Arche gewesen sein. Andere Wissenschaftler bestreiten die Theorie, dass der Durchbruch des Mittelmeers zum Schwarzen Meer Grundlage der Sintflut-Erzählungen sei. Sie sehen diese statt dessen in starken Überschwemmungen der beiden Flüsse Tigris und Euphrat in Mesopotamien. Für die Schwarzmeer-Theorie spricht allerdings, dass inzwischen Flutsagen aus Rumänien, Griechenland und Anatolien (Türkei) bekannt geworden sind, also aus Gegenden in der Nähe des Schwarzen Meeres. Zudem wurden auf dem Boden des Schwarzen Meeres steinzeitliche Siedlungsreste und Werkzeuge gefunden.

Ein weitaus dramatischerer geologischer Vorfall ereignete sich vor rund 5,3 Millionen Jahren. Damals wurde eine bei Gibraltar bestehende Landbrücke zwischen Europa und Asien überwunden, und riesige Wassermassen strömten vom Atlantik in den Mittelmeerraum.  Modellrechnungen haben einen Zufluss von bis zu 100 Mio. Kubikmeter Wasser pro Sekunde und eine Fülldauer von zwei Jahren ergeben. Allerdings wird über diese Zahlen heiß diskutiert. Das Becken des Mittelmeers war bis dahin durch Verdunstung weitgehend ausgetrocknet und lief in Gefahr, zur Salzwüste zu werden. Die Spuren – eine rund 3 km dicke Salzschicht – sind noch vorhanden. Ähnlich soll es übrigens bei der Sahara gewesen sein, wo ebenfalls ein riesiger See bestand, der verdampfte.

Ohne diesen Durchbruch wäre die Fläche des Mittelmeerbeckens noch heute eine weitgehend tote Zone, ohne Schifffahrt und ohne das Mit- und Gegeneinander vieler Kulturen. Da Regen und Zuflüsse nicht ausreichen, um den Wasserpegel des Mittelmeers zu sichern, fließt auch heute noch ständig Wasser durch die Meerenge von Gibraltar ins Mittelmeer. Als Erklärung der Legenden über die Sintflut ist der Durchbruch von Gibraltar jedoch ungeeignet. Er wird auf ein Alter von 5,3 Mio. Jahre datiert, während die menschliche Entwicklung frühestens vor 2,6 Mio. Jahren begann. Eine irgendwie geartete und gespeicherte Kenntnis der Menschen von der Mittelmeerkatastrophe ist damit ausgeschlossen.

scinexx - das wissensmagazinscinexx@nrw.social
2025-07-02

Verschollene Hymne auf Babylon entdeckt. 3.000 Jahre alter Text beschreibt die Stadt Babylon, ihre Natur und die Bewohner. #Babylon #Archaeologie #Keilschrift #Bablonier #Mesopotamien
scinexx.de/news/archaeologie/v

2025-06-25

Den Kolleginnen & Kollegen der #Altorientalistik in #Leipzig gelingt gerade mit "Von Assur nach #Babylon" ein #Podcast, den ich nur aus ganzem Herzen empfehlen kann!

Wer die #Medienpsychologie auch unserer #Alphabete verstehen möchte, darf direkt in Folge 9 zur noch sehr viel älteren #Keilschrift in #Mesopotamien eintauchen. Es lohnt sich für alle, die #Medien & #Geschichte relevant finden, sehr! #Hörempfehlung #Mediengeschichte #Wissenschaft #Wissenschaftskommunikation scilogs.spektrum.de/natur-des-

2025-05-18

Seitdem ich 2015 den Zerfall des früheren #Mesopotamien (wörtlich: Land zwischen den Flüssen) und heutigen #Irak durch fossile #Gewaltenergien, #Hitzemord & #Wasserkrise sah, kläre ich auf und versuche, unsere #Heimat zu schützen. Inzwischen sind die #Alpen samt #Bodensee, #Rhein & #Donau längst betroffen, auch 2025 wird ein #Hitzesommer. (2/3) scilogs.spektrum.de/natur-des-

2025-05-07

🎧 Hörtipp: Mythen des antiken #Mesopotamien, Detektivarbeit bei der Entschlüsselung der sumerischen Keilschrift und eine Göttinger Wette mit großer Wirkung – unsere Professorin für #Altorientalistik Annette Zgoll spricht im Podcast mit @forumwissengoe über ihre Forschung und klärt einen Irrtum über die mächtige Göttin Inanna.

Reinhören lohnt sich: forum-wissen.de/podcast-und-me

Banner zur aktuellen Folge des Podcasts "Wissen to listen" mit Foto unserer Altorientalistin Prof. Dr. Annette Zgoll
2025-05-01

@max_muehsal

Sorry, aber da gehe ich nicht mit. #Wasser war für die alten #Zivilisationen von #Mesopotamien, #Ägypten & im Industal, aber auch z.B. für das Judentum & die christliche Taufe schon lange vor jedem „Kapitalismus“ relevant. Der #Aralsee wurde im #Sozialismus zerstört. Und Elinor #Ostrom zeigte, warum Wasser idealerweise weder durch private Unternehmen noch durch Nationalstaaten verwaltet wird. Deswegen der Hinweis. scilogs.spektrum.de/natur-des-

2025-04-15

@Nowhereman

Ja, das ist transkulturell & faszinierend. Die Spuren je von #Chamsa & #Nazar reichen zurück bis ins alte #Mesopotamien… 🙏🙌

@mstengel juedische-allgemeine.de/allgem

Spektrum (inoffiziell)spektrum@anonsys.net
2024-12-23
Vor 4500 Jahren erblühte am Golf von Oman ein Handelszentrum. Die Menschen verschickten Waren in einem Gebiet, das vom Indus bis in die Ägäis reichte.#Arabien #Bronzezeit #Handel #Kalba #VereinigteArabischeEmirate #Harappa #Indien #Mesopotamien #Ägäis #Archäologie #Kultur
Bronzezeit in Arabien: Handelsstation zwischen den Kontinenten
Freie Universität Berlinfreieuniversitaet@berlin.social
2024-12-06

Die Archäologin Prof. Dr. Elisa Roßberger vom Institut für Vorderasiatische #Archäologie der #FUBerlin ist am neuen Akademienvorhaben #KIŠIB beteiligt. Dieses langfristige Forschungsprojekt, das von der #FUBerlin und der #LMU #München gemeinsam getragen wird, widmet sich der digitalen Erschließung von etwa 80.000 Siegeln aus dem alten #Mesopotamien

Das Foto zeigt die Siegelabrollung auf einer Tonsicherung in Ur (Irak), 19. Jh. v. Chr. Fotocredit: KIŠIB-Projekt, A. Otto/A. Dietz
scinexx - das wissensmagazinscinexx@nrw.social
2024-11-06

Älteste Wurzeln der Schrift identifiziert. 6.000 Jahre alte Siegel-Figuren aus Uruk waren Vorläufer der Proto-Keilschrift-Symbole. #Schrift #Uruk #Mesopotamien #Archaeologie #Keilschrift
scinexx.de/news/archaeologie/a

:awesome:🐦‍🔥nemo™🐦‍⬛ 🇺🇦🍉nemo@mas.to
2024-09-01
dadasophindadasophin
2024-05-21

schon spannend Weibliche Literatur in Mesopotamien - Das Wort als Schlüssel zur Welterfahrung
deutschlandfunkkultur.de/weibl

scinexx - das wissensmagazinscinexx@nrw.social
2024-05-21

Ein digitaler Zwilling von Uruk. Hochaufgelöstes Echtzeit-Rendering erlaubt VR-Blick auf die mesopotamischen Metropole. #Uruk #Archaeologie #3DModell #VR #Mesopotamien
scinexx.de/news/archaeologie/e

2024-04-30

@Defizit Ja, der Klima- und #Wasserkrise-Zerfall von #Mesopotamien taucht auch nicht zufällig in meinem Gedicht „Die Feuer des Hasses“ auf. Dort habe ich es bewusst wahrgenommen: scilogs.spektrum.de/natur-des-

scinexx - das wissensmagazinscinexx@nrw.social
2024-04-05

Dossier der Woche: Die älteste Fälschung der Geschichte. Schon vor mehr als 4.000 Jahren fälschten neubabylonische Könige Inschriften. Doch warum wurden die Herrscher Mesopotamiens zu Fälschern? #Fake #Mesopotamien #Archäologie #Babylonier
scinexx.de/dossier/die-aeltest

Spektrum (inoffiziell)spektrum@anonsys.net
2024-01-30

In Simon Sebag Montefiores Buch kehrt die Universalgeschichte wieder. Sein roter Faden überzeugt dabei ebenso wenig wie seine Detailschärfe bei Grausamkeiten. Eine Rezension

Auf über 1500 Seiten erzählt dieses Buch die Geschichte der Menschheit – entlang eines roten Fadens, der nicht überzeugt. Eine Rezension (Rezension zu Die Welt von Simon Sebag Montefiore)#Geschichte #Universalgeschichte #Familie #Pharao #Kaiser #Cäsar #Habsburg #Dynastie #Königshaus #Weltreich #Empire #Indien #Hohenzollern #Kolonialismus #Kolonie #Sklaverei #Sklavenhandel #Sklavenbefreiung #Mesopotamien #Orient #NaherOsten #Ägypten #China #Niederlande #Portugal #Windsor #Kennedy #Rockefeller #Getty #Rothschild #Medici #Kultur
»Die Welt«: Eine Universalgeschichte voller Sex und Gewalt

Spektrum (inoffiziell)spektrum@anonsys.net
2024-01-15

Philip Matyszak erforscht die Ursprünge der Kulturen und die Entstehung früher Herrschaftsdynastien. Sein Buch ist spannend, kurzweilig und sehr gut illustriert. Eine Rezension

Philip Matyszak stellt in diesem ansprechenden Sachbuch rund 40 Kulturen vor, die aus dem kollektiven Gedächtnis zu verschwinden drohen. Eine Rezension (Rezension zu Vergessene Völker von Philip Matyszak)#Kulturen #Völker #Akkader #Hochkulturen #Altertum #Antike #Ägypten #Aramäer #Arverner #Assyrer #Babylon #BiblischeVölker #Daker #Dorer #Europa #Geschichte #Galater #Hethiter #Hyksos #Kulturgeschichte #Kuschiter #Lyder #Meder #Mesopotamien #MittlererOsten #Nabatäer #NaherOsten #Numider #Ostgoten #Perser #Philister #Phryger #Rom #RömischesReich #Sabiner #Samaritaner #Samariter #SargonvonAkkad #Sumerer #Thraker #Vandalen #Westgoten #Kultur #ErdeUmwelt
»Vergessene Völker«: Verschollen in den Tiefen der Geschichte

scinexx - das wissensmagazinscinexx@nrw.social
2023-12-28

Babylonische Ziegel verraten Magnet-Anomalie. Magnetisierung von Ziegeln aus Mesopotamien enthüllen Magnetfeld-Fluktuationen. #Magnetfeld #Mesopotamien scinexx.de/news/geowissen/baby

The Secret Life Of Plants🌱Blickwinkel@digitalcourage.social
2023-11-13

Vorläufer des #Karnevals wurden bereits vor 5000 Jahren in #Mesopotamien gefeiert, im Land mit den ersten urbanen Kulturen. Eine altbabylonische Inschrift aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. gibt Kunde davon, dass unter dem Priesterkönig Gudea ein siebentägiges Fest gefeiert wurde und zwar nach Neujahr als symbolische Hochzeit eines Gottes. Die Inschrift besagt: „Kein Getreide wird an diesen Tagen gemahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite. Die Mächtige und der Niedere sind gleichgeachtet.“ Hier wird zum ersten Mal das Gleichheitsprinzip bei ausgelassenen Festen praktiziert und dies ist bis heute ein charakteristisches Merkmal des Karnevals.
#Geschichte
#Karneval #Fastnacht #Fasching

de.wikipedia.org/wiki/Karneval
#typischDeutsch

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