#Postwachstumsmilieu

2021-08-25

Die #Versorgung mit #lebensrettenden #Gütern #funktioniert unter den #Bedingungen eines #freien #Marktes nicht, weshalb in einer #Pandemie ein #globaler #Ansatz verfolgt werden müsse.

Wenn noch viel #mehr #abverlangt werden wird, wird man die #Logik der #Gewinnmaximierung ein für alle #Mal #aufgeben müssen.

#Bedarf an #neuem #Handlungsentwurf; #kognitiver #Landkarte;

#Degrowth; #Postwachstumsmilieu

Slavoj #Zizek - #Pandemie II, #Chronik einer #verlorenen #Zeit, S. 74ff.

Welches potenzielle Zukunftsszenario können wir anstreben, wenn wir Teil einer Erzählung sind, die kein Ende zu nehmen scheint? Die folgenden Zeilen, die Anfang April in einer renommierten britischen Tageszeitung standen, skizzieren einen möglichen Ausweg:

Wir brauchen eine offene Diskussion über radikale Reformen, das heißt eine politische Neuausrichtung, die maßgebliche Entscheidungen der letzten vier Jahrzehnte rückgängig macht. Die Regierungen müssen einsehen, dass stärkere Eingriffe in die Wirtschaft notwendig sind. Sie sollten Ausgaben für öffentliche Einrichtungen eher als Investitionen denn als eine finanzielle Belastung verstehen und Strategien entwickeln, um die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt zu reduzieren. Auf die Agenda gehört abermals das Thema Umverteilung oder die Frage nach den Privilegien der Älteren und Wohlhabenden.Dabei müssen auch Konzepte berücksichtigt werden, die bis vor kurzem noch als realitätsfern galten, wie das bedingungslose Grundeinkommen oder eine Reichensteuer.

Wird hier aus dem neuen Parteiprogramm der Labour-Partei zitiert? Nein, es handelt sich um einen Abschnitt aus einem Meinungsartikel der Financial Times. Eine ähnliche Argumentationslinie verfolgt auch Bill Gates, der die Pandemie mithilfe eines "globalen Ansatzes" bekämpfen will und davor warnt, dass die reicheren Nationen von Covid-19 in mehreren Wellen heimgesucht würden, wenn man weiter zulassen würde, dass sich das Virus in den Entwicklungsländern ungebremst ausbreitet:

Selbst wenn es den wohlhabenden Ländern gelingen sollte, die Ausbreitung des Virus in den nächsten Monaten zu bremsen, könnte Covid-19 immer noch zurückkehren, solange die Fallzahlen an anderen Orten hoch genug bleiben. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Teil der Welt abermals an einem anderen ansteckt. ... Ich bin ein großer Anhänger des Kapitalismus, doch funktionieren manche Märkte in einer Pandemie einfach nicht mehr, unter anderem der Markt für lebensrettende Güter.

Diese Vorhersagen und Vorschläge greifen jedoch zu kurz, so begrüßenswert sie auch zunächst erscheinen: Es wird uns noch viel mehr abverlangt werden. Auf uns wartet die ungleich schwerere Aufgabe, die Logik der Gewinnmaximierung ein für alle Mal aufzugeben und uns damit zu beschäftigen, wie eine Gesellschaft ihre Ressourcen einsetzen könnte, um weiterhin zu funStromversorgung und die Internet- und Telefonverbindungen, alles andere ist sekundär.
Die Verteilung von Ressourcen betrifft auch die Befugnis und Verantwortung des Staats, den einzelnen Bürger in die Pflicht zu nehmen. Gerade steht man in Frankreich (und nicht nur dort) vor einem massiven Problem: Es drängt die Zeit, um das im Frühjahr reif gewordene Obst und Gemüse zu ernten, was gewöhnlich von Tausenden von Saisonarbeitern aus Spanien und anderen Ländern erledigt wird. Da die Grenzen momentan geschlossen sind, stellt sich jedoch die Frage, wer diese Arbeit übernehmen soll. Frankreich ruft schon nach Freiwilligen auf, die für die Arbeiter aus dem Ausland einspringen könnten, doch was passiert, wenn sich nicht genug Leute melden? Was wäre, wenn der einzige Ausweg darin bestehen würde, Teile der Bevölkerung zu dieser Aufgabe zu verpflichten?
Um Alenka Zupancic treffende Bemerkungen zu zitieren: Es würde darauf hindeuten, dass gerade etwas fürchterlich schiefläuft, wenn wir auf die Pandemie mit grenzenloser Solidarität reagieren würden, dies unsere Gesellschaft und die Wirtschaft aber noch stärker schaden würde als die Pandemie selbst. Warum sollte man sich zwischen Solidarität und der Wirtschaft entscheiden müssen? Wir sollten auf diese falsche Alternative genauso reagieren wie auf die Frage "Kaffee oder Tee?": "Ja, bitte!" Dabei ist es unerheblich, wie wir die neue Gesellschaftsordnung nennen, die wir so dringen benötigen - Kommunismus oder in Anlehnung an Peter Sloterdijk,neue Handlungsentwürfe, neue Geschichten, die uns mit einer Art kognitiven Landkarte versehen, einer realistischen und nicht katastrophischen Vorstellung davon, welche Richtung wir künftig einschlagen sollen. Wir benötigen einen Hoffnungsschimmer, ein neues Post-Corona-Hollywood.

Client Info

Server: https://mastodon.social
Version: 2025.04
Repository: https://github.com/cyevgeniy/lmst