Netzwerk mit Nebenwirkungen: Jens Spahn und der MilliardÀr
Dieser Artikel stammt von CORRECTIV.Faktencheck / Zur Quelle wechseln
Der Mann, der Hunderttausende an die CDU spendete, hat groĂe und kontroverse Ideen. Zum Beispiel hĂ€lt er Doping fĂŒr ein legitimes Mittel. Deshalb investiert er in einen Wettkampf in Las Vegas, bei dem die Sportler dopen dĂŒrfen. Eine Olympiade auf Steroiden. Das Publikum wolle die schnellsten LĂ€uferinnen und LĂ€ufer sehen, so argumentiert MilliardĂ€r Christian Angermayer in amerikanischen Medien, nicht den schnellsten natĂŒrlichen Menschen. Es zĂ€hlt das Ergebnis, die Mittel spielen keine Rolle. Und das offenbar nicht nur im Sport, sondern auch in der Politik.
Viele Menschen in Deutschland haben den Namen Angermayer noch nie gehört. Dabei sucht er seit LÀngerem Einfluss auf die Bundespolitik und gilt als Freund von CDU-Fraktionschef Jens Spahn. Geld und persönliche NÀhe kommen offenbar zusammen.
Spahn gab Anfang 2021 eine GroĂbestellung von fragwĂŒrdigen Covid-Medikamenten mit einem Volumen von insgesamt 400 Millionen Euro bei zwei Pharma-Konzernen bekannt â das zeigen Recherchen von CORRECTIV: An den Erfolgen einer der Firmen war eine Gesellschaft aus dem Portfolio von Angermayers Fonds beteiligt.
Teure Bestellung: Nur 1.560 von 190.000 Dosen wurden abgegeben
Auf Nachfrage von CORRECTIV will sich das Bundesgesundheitsministerium, aktuell unter Spahns Parteifreundin Nina Warken, nicht zu den Einzelheiten des Deals Ă€uĂern. Wie viel von den 400 Millionen auf welche Gesellschaft entfiel, bleibt daher unklar. Insgesamt, das teilt ein Sprecher aber mit, seien damals 190.000 Dosen der Arzneimittel beschafft worden: âEinzelheiten zu den entsprechenden Kosten und deren Aufteilung können aufgrund der vertraglichen Vertraulichkeit nicht angegeben werden.â
Allerdings erwies sich das Medikament als teure Fehlinvestition: Von den 190.000 Dosen, schreibt das Bundesgesundheitsministerium, wurden bis Ende des Jahres 1.560 fĂŒr die Behandlung von Patientinnen und Patienten ausgegeben.
Angermayers Anwalt teilt auf CORRECTIV-Anfrage hierzu mit, der Vertragspartner der Bundesregierung sei nicht Christian Angermayer gewesen und auch nicht die Firma Abcellera, an der dessen Fonds zwei Prozent hielt. Der Konzern Eli Lilly, der den Auftrag aus Spahns Haus erhielt, arbeitete allerdings bei Entwicklung und Vermarktung des Medikaments mit dem zeitweilig milliardenschweren Unternehmen Abcellera zusammen.
Spahn weist kritische Fragen nach seinen Kontakten zu Angermayer vor dem Verkauf als âUnterstellungenâ zurĂŒck, lĂ€sst aber den GroĂteil unbeantwortet.
Angermayer zĂ€hlt zu den groĂen Spendern der CDU
UnabhĂ€ngig von der Bestellung gehört Angermayer, auch dies belegt diese Recherche, zu den gröĂeren Geldgebern der CDU. In wenigen Jahren hat Angermayer rund 100.000 Euro direkt an die Partei gespendet â und mindestens weitere 191.000 ĂŒber Firmen, an denen er beteiligt ist oder zum Zeitpunkt der Spende war. Etwa ĂŒber seine Firma Apeiron. Insgesamt also knapp 300.000 Euro â ohne etwaige noch nicht veröffentlichte Spenden aus 2024 und diesem Jahr.
Angermayers Anwalt teilt hierzu mit, er habe an âsĂ€mtliche Parteien der demokratischen Mitteâ in etwa gleicher Höhe gespendet, also nicht nur an die CDU. Die Frage nach den konkreten Summen lieĂ er offen. TatsĂ€chlich hat Angermayer nach CORRECTIV-Recherchen zwar in EinzelfĂ€llen fĂŒnfstellige BetrĂ€ge an SPD und FDP gespendet. In die Hunderttausende geht es in der Summe aber nur bei der CDU, zumindest, soweit es öffentlich nachprĂŒfbar ist.
Spahn gilt in Deutschland als wichtiger politischer Kontakt Angermayers. Auch Spahn nutzt Kontakte, und der einflussreiche Multi-Investor Angermayer zĂ€hlt zu den problematischen: Welches politische KalkĂŒl steht dahinter? Wer genau gehört zu Spahns Zirkel aus Einfluss und Macht â und wer unterstĂŒtzt ihn? Mit diesem Artikel beginnt CORRECTIV eine Reihe, in der wir das Spahn-Netzwerk nachzeichnen.
Psychedelische Drogen, KryptowÀhrungen, Hirnimplantate
Angermayer ist in den USA so nah dran an Donald Trump und seinem Clan wie kein anderer deutscher Investor oder Politiker, hat das Manager-Magazin recherchiert. Das Magazin Forbes zitierte einen MilliardĂ€rsfreund des Investors mit den Worten, Angermayers âwahre Superkraftâ sei das Netzwerken: âSeine FĂ€higkeit, Menschen mit Kapital und Möglichkeiten zu verbinden, ist auĂergewöhnlich.â Und auch in die Top-Ebenen der Bundespolitik hat er gute Kontakte.
Der MilliardĂ€r hat auf die CORRECTIV-Anfrage hin zwei Anwaltskanzleien eingeschaltet, eine in den USA, eine in Deutschland. Der deutsche Anwalt Ralf Höcker teilt pauschal mit, sein Mandant weise die âins Blaue hinein angestellten Spekulationen und VorwĂŒrfeâ zurĂŒck â Fragen zu den Beziehungen zu Spahn lĂ€sst er offen.
Auf den ersten Blick scheinen die beiden MĂ€nner wenig gemeinsam zu haben: Auf der einen Seite steht Angermayer, der schillernde Superreiche, der in psychedelische Drogen, KryptowĂ€hrungen und Gehirnimplantate investiert. Auf der anderen Seite der konservative katholische Politiker aus Ahaus im MĂŒnsterland. Aber beide teilen einen unbedingten Willen zur Macht. Angermayer will die Welt verĂ€ndern, mit kĂŒnstlicher Intelligenz, spektakulĂ€ren Innovationen und technisch getunten Supermenschen, die völlig neue Leistungen erreichen, am besten dank Firmen wie seiner.
Eli Lilly und Abcellera â eine lukrative Partnerschaft in Pandemie-Zeiten
In den vergangenen Wochen haben vor allem die möglicherweise milliardenschweren Folgen von Spahns fragwĂŒrdigen Maskendeals fĂŒr Aufregung gesorgt. Was bisher in der Ăffentlichkeit kaum bekannt ist: Es kommen hohe Kosten fĂŒr mindestens einen weiteren umstrittenen Deal hinzu, von dem auch Angermayer zumindest indirekt profitierte â und der den Steuerzahler wohl viel Geld kostete.
Als Gesundheitsminister vergab Spahn den millionenschweren Auftrag an den Pharmakonzern Eli Lilly, mit dem die Firma Abcellera laut offizieller Konzern-Pressemitteilungen bei der Entwicklung und Vermarktung des Corona-Medikaments zusammenarbeitete. Abcellera profitierte von den Netto-Verkaufserlösen des von ihm entwickelten Medikaments und durch Tantiemen, Beteiligungen und PrĂ€mien fĂŒr bestimmte Erfolge.
Bei dem Deal kaufte die Bundesregierung fĂŒr 400 Millionen Euro bei den Biotech-Konzernen Eli Lilly und Regeneron ein. Es ging um das Covid-Arzneimittel Bamlanivimab und einen Wirkstoff von Regeneron. Angermayer rĂŒhmte sich schon im Mai 2020 damit, in eines der ersten Antikörper-Medikamente gegen Covid zu investieren. Auch wenn er nach dem Deal nur noch einen kleineren Anteil der Aktien hielt â Abcellera wurde anschlieĂend als einer seiner groĂen Erfolge gefeiert. Ein wichtiges Pfund im InvestorengeschĂ€ft.
Angermayers Anwalt spricht von einem âminimalen Anteilâ seines Mandanten
Angermayers Anwalt teilt mit, sein Mandant habe mit Eli Lilly âĂŒberhaupt nichts zu tunâ. Mit Abcellera schon, aber dort sei Angermayer ânicht ins operative GeschĂ€ftâ einbezogen gewesen. Angermaysers Fonds sei an dieser Gesellschaft auch nur mit circa zwei Prozent beteiligt gewesen â einem âminimalen Anteilâ also. Der bei einer Gesellschaft, deren Wert in der Zeit in Milliardenhöhe schoss, allerdings einem mehrstelligen Millionenbetrag entsprĂ€che. Zwei Tage nach der AnkĂŒndigung der Bestellung des Bundesgesundheitsministeriums erreichte die Abcellera ihr FĂŒnf-Jahres-Hoch und einen mĂ€rchenhaften Wert von 16 Milliarden.
Laut Manager-Magazin soll Angermayer die âRallyeâ um den Kursanstieg der Aktie rund 100 Millionen Dollar eingebracht haben. Angermayer habe einen GroĂteil der Aktien kurz nach Börsenstart wieder verkauft, schreibt das Magazin, wie viele genau, bleibt unklar. Bis heute ist der MilliardĂ€r Partner und Investor eines Fonds, der in Abcellera investiert ist.
Angermayer nutzte das Thema Biotech, um sich als visionĂ€rer Erfolgs-Investor in Szene zu setzen â mit prominenter politischer UnterstĂŒtzung: In den USA nahm der damals amtierende US-PrĂ€sident Donald Trump das Medikament, und in Berlin orderte Gesundheitsminister Spahn das Mittel. Sie könnten helfen, einen schweren Verlauf von Covid fĂŒr Risikopatienten zu verhindern, schwĂ€rmte Spahn in der Bild am Sonntag, trotz massiver Kritik von Fachleuten angesichts der âeinsamen Entscheidungâ.
Risiken des Medikaments wiegen offenbar schwerer als ihr Nutzen
Drei Monate spĂ€ter widerrief die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA die Notfallzulassung. Die Risiken des teuren Arzneimittels seien höher als ihr Nutzen â es mĂŒsse in Kombination mit einem anderen PrĂ€parat verabreicht werden. Ein Mittel, das die Bundesregierung erst Monate spĂ€ter bestellen konnte. Und wie die Bundesregierung auf Anfrage von CORRECTIV mitteilt, wurden weniger als ein Prozent der Dosen ĂŒberhaupt an Erkrankte abgegeben.
Fragen nach dem Profit, den Angermayer aus der Berliner Bestellung gezogen hat, lieĂ der Anwalt des Investors unbeantwortet.
Bundesgesundheitsministerium beruft sich auf geheime VertrÀge
Das Bundesgesundheitsministerium unter Spahns Parteifreundin Nina Warken beantwortete viele Fragen von CORRECTIV zu der Covid-Arznei Bamlanivimab nur unvollstĂ€ndig â trotz zwei Mal verlĂ€ngerter Fristen. Das Ressort beruft sich auf geheime VertrĂ€ge. Somit bleibt verborgen, wie viel von dem 400 Millionen Dollar-Deal an Eli Lilly ging und damit ĂŒber Umwege dem MilliardĂ€r Angermayer zugute kam. Spahn hatte als Gesundheitsminister im Januar 2021 die Antikörper-Arznei von dem amerikanischen Konzern Eli Lilly bestellt â ein in der Branche durchaus umstrittener VorstoĂ. âWas hat Spahn bewogen, diese einsame Entscheidung zu treffen?â, fragt die Pharmazeutische Zeitung. Konkurrenten wie die Braunschweiger Startups Yumab und Corat Therapeutics kritisierten, dass Spahn deutsche Hersteller von Antikörpern nicht ausreichend unterstĂŒtze. Ein weiterer Punkt bleibt ebenfalls unklar: Wie viel zahlte Spahns Ministerium fĂŒr eine Dosis von Eli Lilly? Und wie genau kam die Bestellung zustande?
Spahn lĂ€sst Kritik an dem Deal zurĂŒckweisen. Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion teilt CORRECTIV mit, die Entscheidung fĂŒr das Medikament sei ânach Erinnerung von Herrn Spahnâ damals âin enger fachlicher Abstimmungâ zwischen Bundesgesundheitsministerium und dem Paul-Ehrlich-Institut, dem Bundesinstitut fĂŒr Impfstoffe und Arzneimittel getroffen worden. Die Verhandlungen ĂŒber den Vertrag mit Eli Lilly habe die Fachabteilung gefĂŒhrt.
Manche argumentieren heute, in der Corona-Zeit hĂ€tten die Politiker eben schnelle Entscheidungen treffen mĂŒssen. Auch das Bundesgesundheitsministerium beruft sich auf die Pandemie-Lage: Die Medikamente âgaben zum Zeitpunkt der Beschaffung Anlass zu der Annahme, dass einzelne COVID-19-infizierte Patientinnen und Patienten mit dem Risiko eines schweren Verlaufs von einer Behandlung mit diesen Arzneimitteln profitieren könntenâ. Zu der Zeit, schreibt das Ministerium weiter, âstanden in Deutschland noch keine zugelassenen Arzneimittel zur spezifischen Behandlung von COVID-19 zur VerfĂŒgung.â
Allerdings kritisierten Fachleute den Schnellschuss schon damals: Es gab, schrieb die Pharmazeutische Zeitung, die von der Bundesvereinigung Deutscher ApothekerverbĂ€nden herausgegeben wird, zu den Medikamenten weder eine klinische Datenbasis noch behördliche Empfehlungen dafĂŒr oder dagegen, es gab keine Zulassungen, nicht einmal AntrĂ€ge: âErstaunlich ist auch, dass die Nachricht von Spahns GroĂeinkauf bei Politikern fast aller Fraktionen positiv aufgenommen wurdeâ, wunderte sich das Fachblatt. âWomöglich herrschte bei ihnen der Eindruck vor, es handele sich um regulĂ€r zugelassene wirksame und unbedenkliche Arzneistoffe. Dies ist jedoch nicht der Fall.â
Spahn geriet schon hÀufiger in ErklÀrungsnot
Aktuell steht CDU-Fraktionschef Spahn wegen des Debakels um die gescheiterte Wahl der Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht unter Druck. Schon hĂ€ufiger geriet Spahn ins Zwielicht: Mal ging es um PrivatgeschĂ€fte mit politischer Relevanz, mal um exklusive Spendendinner knapp unter der Meldegrenze und einen Immobilienkauf, dessen Finanzierung Fragen aufwarf. Auch sein politisches Handeln birgt immer wieder Skandal-Potenzial â zuletzt, weil sich die von ihm als Bundesgesundheitsminister verantworteten MaskeneinkĂ€ufe als milliardenschweres Fiasko herausstellten.
Spahn Ă€uĂerte schon frĂŒh öffentlich VerstĂ€ndnis fĂŒr US-PrĂ€sident Donald Trump und dessen Regierung, er fĂ€llt mit politischen RechtsauĂen-Positionen auf, er sucht die NĂ€he zu rechten, autoritĂ€ren Kreisen und MilliardĂ€ren mit politischer Agenda.
Christian Angermayer, der Multi-Investor
Christian Angermayer ist in Deutschland geboren und gehört inzwischen zu den reichsten MĂ€nnern der Welt. Seine Fonds sind in mehr als hundert Firmen investiert und er bezeichnet sich als âserial entrepreneurâ. Des Weiteren ist er an börsennotierten Unternehmen fĂŒr Psychedelika-Forschung (Atai Life Sciences, Compass Pathways), Krypto-Firmen, FinTechs und Technologie-Start-ups beteiligt. Sehr hĂ€ufig investiert er gemeinsam mit US-MilliardĂ€r und PayPal-GrĂŒnder Peter Thiel â beide sind groĂe AnhĂ€nger von Donald Trump. Mit ihm und einem Sohn von Trump finanziert er auch die âenhanced gamesâ, eine Olympiade auf Steroiden. Angermayer teilt viele Ansichten Trumps: Er glaubt, Migration sei Selbstmord fĂŒr Europa.
Einige CDU-Parteifreunde fragen sich, wie weit Jens Spahn noch gehen wĂŒrde. âEs gibt Leute, die sagen: Jens Spahn hat nur ein Programm, und das heiĂt Ich.â Das sagt ein Parteigenosse, der ihn persönlich kennt. âEr sieht sich als Kanzler im Wartestand, und ich habe Angst, dass er als einer der Ersten der AfD die Hand geben wĂŒrde.â Ein ehemals hochrangiger CDU-Politiker schĂ€tzt ihn Ă€hnlich ein: âEr ist ein Political Animal und er kann gut reden. Das Talent ist da. Und er setzt es ein, um voranzukommen â ohne RĂŒcksicht auf Verluste.â Es zĂ€hlt das Ergebnis, die Mittel spielen keine Rolle.
Damit sind wir wieder bei Angermayer. âIch sehe die Welt als GeschĂ€ftsmodellâ, sagt der MilliardĂ€r gegenĂŒber Forbes. In den USA zahlt sich seine UnterstĂŒtzung fĂŒr Trump aus: Der US-PrĂ€sident kommt den Tech-MilliardĂ€ren mit seiner Politik entgegen â mit niedrigen Steuern und viel Freiraum fĂŒr ihre Investments in Artificial Intelligence, digitale Innovationen oder Weltraumtechnologien. âTrump macht alles richtigâ, sagte Angermayer kĂŒrzlich in einem Podcast der Welt. Die klĂŒgsten Köpfe zögen jetzt nach Amerika, wo viel Geld zu verdienen sei.
Auch in Deutschland mischt er in der Politik mit. Und hier sucht er offenbar insbesondere die NĂ€he zu Jens Spahn. Die beiden feierten gemeinsam rauschende Feste, zum Beispiel auf Galas in St. Tropez, umgeben von leicht bekleideten Models, Popstars wie Queen Latifah und Robbie Williams. Es handelte sich um eine Spendengala von Angermayers Aurora-Institut. Wie das Investigativportal Follow The Money kĂŒrzlich berichtete, gab es aber UnregelmĂ€Ăigkeiten; der Verbleib von Spenden in Millionenhöhe sei unklar. Das wirft auch Fragen an Spahn auf â er unterstĂŒtzte die Gala mit seiner PrĂ€senz.
Gegen höhere Steuern fĂŒr Besserverdienende
Politisch teilen Angermayer und er viele Positionen. âIch bin fĂŒr Law und Orderâ, sagt Angermayer in dem Podcast der Welt. Europa begehe âSelbstmord durch Zuwanderungâ. Die CDU verĂ€ndere dies nun â und deshalb werde sie erfolgreich sein. Die jetzige Regierung sei âdeutlich besserâ als die vorherige.
TatsĂ€chlich treten Bundeskanzler Friedrich Merz und Jens Spahn gegen höhere Steuern fĂŒr Besserverdienende ein, sie senken die Steuern fĂŒr Unternehmen drastisch, erleichtern Investitionen und schlagen harte Töne gegen FlĂŒchtlinge an â und damit dĂŒrften sie Angermayer entgegenkommen. Atomenergie ausbauen, weniger Regeln fĂŒr Firmen, niedrige Steuern, Zuwanderung stoppen â die WĂŒnsche der Tech-MilliardĂ€re decken sich mit Spahns Ăberzeugungen und Versprechen der CDU im Wahlkampf.
Angermayers GeschĂ€fte funktionieren besser, wenn die Politik mitzieht â und etwa bei seinen GeschĂ€ftspartnern Covid-Arznei bestellt. Seine Investitionen in Uran lohnen sich nur, wenn Regierungen Atomkraftwerke planen, fĂŒr seine psychedelischen Medikamente braucht er Zulassungen, seine Angst vor Zuwanderung kann eine restriktive Politik dĂ€mpfen. All diese Hoffnungen auf konservative politische Kurswechsel hat Donald Trump bereits erfĂŒllt.
17 Telefonate, Videocalls und E-Mails mit Peter Altmaier
In Berlin sucht Angermayer schon seit Jahren die NĂ€he zu fĂŒhrenden CDU-Politikern. Der Stern berichtete vor zwei Jahren ĂŒber das Netzwerk des Investors, das bis zu Bundesministern reichte. Allein mit CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier tauschte er sich in 17 Telefonaten, VideogesprĂ€chen und E-Mails aus. Aktuell zĂ€hlt Spahn zu den mĂ€chtigsten Politikern der Union und steht an zentraler Stelle im Netzwerk des Multi-Investors.
Wie die Welt im vergangenen Jahr berichtete, stand zu Spahns Zeit als Gesundheitsminister ab 2018 Angermayers Geburtstag jĂ€hrlich in seinem Kalender eingetragen. Damals warb der Investor demnach offenbar um Hilfe fĂŒr seine Unternehmen bei Spahn. Die Frage nach seinem VerhĂ€ltnis zu dem MilliardĂ€r lieĂ Spahn unbeantwortet.
Die Frage ist: Welche Auswirkungen hat diese NĂ€he zu Angermayer auf Spahns Politik? Ăffentlich Ă€uĂert sich aktuell kaum jemand in der CDU Kritik. Hinter den Kulissen aber macht sich so mancher seine Gedanken: âSpahn bewegt sich in Grauzonenâ, sagt eine CDU-Bundestagsabgeordnete. Ein mĂ€chtiger Christdemokrat fĂŒrchtet, Spahn könne mit seinen Kontakten zu reichen LibertĂ€ren und Rechtspopulisten die CDU auf Abwege fĂŒhren. Er gewöhne Deutschland an Populismus wie bei Nius â sie schĂŒtteten âkĂŒbelweise Hassâ aus.
Das Netzwerk hinter dem Krawallsender Nius
Wie wirkungsvoll die Verbindungen von Medienkampagnen und Politik sein können, zeigte sich, als die CDU-Fraktion unter Jens Spahn die Nominierung einer SPD-gestĂŒtzten Richterin torpedierte â was ganz im Sinne des global agierenden rechtsautoritĂ€ren Netzwerks sein dĂŒrfte. UnterstĂŒtzt wurde die politische Intervention vom Krawallsender Nius. Der sieht sich gerne als das deutsche Pendant zu Fox News und fĂŒhrte die Kampagne gegen die Juraprofessorin an. Innerhalb weniger Tage publizierte das Portal mehr als 20 SchmĂ€hartikel, die die Kandidatin als linksextrem diffamierten. Richter verunglimpfen, Kampagnen orchestrieren â das erinnert an die Methoden der Trump-Bewegung.
Nius ist ĂŒber Sebastian Kurz, den frĂŒheren österreichischen Kanzler und Ex-ĂVP-Politiker, mit Angermayer und Spahn verbunden: Angermayer bezeichnet ihn als Freund. Sowohl Spahn als auch Kurz traten schon bei Nius auf â einem Sender, den die CDU frĂŒher mied. Spahn soll sich sogar intern mit Kurz verglichen haben, sagt ein ehemaliges CDU-FĂŒhrungsmitglied; Spahn lĂ€sst Fragen von CORRECTIV hierzu offen. Der Ăsterreicher ist CORRECTIV-Recherchen zufolge seit wenigen Wochen ĂŒber eine Vertraute an Nius beteiligt: Die Direktorin der VIUS KGaA, Vera Regensburger, ist langjĂ€hrige GeschĂ€ftsfĂŒhrerin von Kurzâ Firma AS2K. Vius wiederum gibt Nius heraus.
Gemeinsames Feiern in einem Wiener Palast
Auch Kurz und Spahn pflegen seit langem ihre politische Freundschaft: Der CDUler lobt Kurz als âfrisch und jungâ, als einen âMann mit Haltung und klarem Profilâ. MultimillionĂ€r Kurz steht wiederum dem Tech-MilliardĂ€r Angermayer nahe. Schon fĂŒr seinen ersten Wahlkampf 2016 tauchten er und der PayPal-MilliardĂ€r Peter Thiel als potenzielle Spender und Duz-Freunde auf â das zeigen Dokumente in aktuellen Korruptions-Ermittlungen gegen Kurz.
Kurz, Spahn und Angermayer feierten zusammen Angermayers 40. Geburtstag â laut einem Bericht der Welt in einem Wiener Palast. Thiel â ein enger Freund und GeschĂ€ftspartner von Angermayer, etwa bei der Doping-Olympiade â macht GeschĂ€fte mit Kurz. Angermayer bezeichnete ihn auf X als âauĂergewöhnlichen Politiker und Unternehmerâ und Freund.
Das Netzwerk aus US-MilliardĂ€ren und Trump-Freunden wirkt zunĂ€chst wie ein undurchsichtiges Wimmelbild. Doch beim genaueren Hinsehen zeigt sich: Jens Spahn und sein fast ausschlieĂlich mĂ€nnliches Umfeld schieben die deutsche Gesellschaft nach rechts. âIch glaube, da entsteht ein neues Kraftzentrumâ, sagt ein ehemaliger Spitzenpolitiker der CDU. âHier formt sich die Post-Merz-Ăra.â
Bestens im rechts-libertÀren Lager in den USA vernetzt
Manche am rechten Rand der Union trĂ€umen davon, die groĂe Reichweite von Nius fĂŒr sich zu nutzen. âIn den konservativen Netzwerken der Union gibt es schon lĂ€nger die Idee, ĂŒber Social Media bis ins AfD-Lager zu dringenâ, sagt ein frĂŒherer fĂŒhrender CDU-Politiker, âund im kleinen Kreis fragen sich einige, wie man das Publikum von Nius erreichen kann.â
Kaum jemand ist in der CDU so eng mit dem rechts-libertĂ€ren US-Lager vernetzt wie der Christdemokrat Spahn. Das trifft auch auf Spahns Freund Kurz zu. Auch fĂŒhrte er in Ăsterreich die erste Koalition aus Konservativen und der rechtspopulistischen FPĂ an.
Unlautere Praktiken â sie prĂ€gen Trumps Wahlerfolg und Medien wie Nius. Das österreichische Pendant dazu ist die Tageszeitung Exxpress. Auch hier ist Spahns Freund Sebastian Kurz nah dran. Gemeinsam mit Nius befeuerte der Exxpress aus Wien die Kampagne gegen die Juristin Brosius-Gersdorf: CDU/CSU hĂ€tten den âtotalen Sieg der linken Ideologieâ verhindert, kommentierte Nius-Chefredakteur Julian Reichelt in beiden SchmĂ€hseiten zeitgleich.
Angermayers Verbindungen nach Ăsterreich
Neuerdings bezeichnen sich Nius und Exxpress als Partner-Portal. Und mit diesem Personenkreis ist Angermayer eng bekannt: Er teilt sich, so berichtet das Manager Magazin, eine 52-Meter-Yacht mit Kurzâ GeschĂ€ftspartner Alexander SchĂŒtz â und MiteigentĂŒmer vom Exxpress.
Spahn scheint sich nicht an dem scharf rechten, rabiaten Ton von Nius zu stören. Und er setzt auf die NĂ€he von Trump-nahen, ultrarechten Politikern in den USA: Zu Spahns amerikanischem Netzwerk zĂ€hlen Hardliner wie der ehemalige Botschafter in Berlin, Richard Grenell â ebenso ein Freund von dem umstrittenen MilliardĂ€r Angermayer. Im GesprĂ€ch mit Forbes sagt Angermayer, Networking sei wie Geld â es zahle sich langfristig aus: âEs geht um die Macht der Verzinsung.â
Recherche und Text: Annika Joeres, Gabriela Keller, Markus Kater
Redigatur: Anette Dowideit, Justus von Daniels
Grafik: Mohamed Anwar
Faktencheck: Elena Kolb, Gesa Steeger
Kommunikation: Anna-Maria Wagner
Zur Quelle wechseln
Author: Gabriela Keller
#milliardar #nebenwirkungen #netzwerk #spahn