Offener Brief an den Präsidenten der Vereinigten Staaten
Betreff: Ihre jüngsten Vorwürfe gegen Europa – eine Klarstellung
Sehr geehrter Herr Präsident,
wir danken Ihnen für Ihre gewohnt faktenresistente Wortmeldung. Es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Chuzpe Sie es schaffen, jahrzehntelange imperiale Außenpolitik, globale Destabilisierungen und moralische Bankrotterklärungen als „Verteidigung der Freiheit“ zu verkaufen – und gleichzeitig Europa als parasitären Mitesser zu beschimpfen.
Zur Erinnerung:
• Es waren nicht europäische Truppen, die unter dem Vorwand nicht existenter Massenvernichtungswaffen ein Land in Schutt und Asche legten.
• Es war nicht Europa, das ein globales Netzwerk aus Foltergefängnissen, Drohnenmorden und Regimewechseln etablierte – alles unter dem Banner der „Demokratie“.
• Es war nicht Europa, das jahrzehntelang Diktatoren bewaffnete, um dann empört über deren Existenz zu twittern.
Wenn Sie also von „Verbrechen“ sprechen, Herr Präsident, dann werfen Sie bitte einen Blick in den Spiegel – oder in die Archive Ihrer eigenen Geheimdienste.
Was Ihre Drohungen betrifft, Europa im Ernstfall sich selbst zu überlassen: Wir nehmen das zur Kenntnis. Und wir danken Ihnen. Denn nichts hat unsere sicherheitspolitische Emanzipation so sehr beschleunigt wie Ihre wiederholten Ausfälle gegen die NATO, Ihre Bewunderung für Autokraten und Ihre konsequente Demontage multilateraler Ordnung.
Sie wollten Europa schwächen. Sie haben es wachgerüttelt.
In diesem Sinne: Machen Sie ruhig weiter. Je lauter Sie poltern, desto klarer wird, dass wir uns nicht länger auf eine Supermacht verlassen können, die sich selbst demontiert.
Mit aufrichtigem Misstrauen,
Ein souveränes Europa





