#tldr

Ein unmoralisches Angebot aus Mannheim

Neulich wurde mir via Mail eine «Content-Kooperation» angeboten. Das kommt mehrmals pro Woche vor. Was diesen Fall bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass nicht um den heissen Brei herumgeredet wird sowie die Tatsache, dass das Mail eine Absenderadresse aus Deutschland aufweist.

Die Absenderin des Mails ist Marketing-Managerin Paula. Sie macht keinen Hehl aus dem Grund für ihr Kooperationsangebot:

Als Agentur betreuen wir viele Webseiten und helfen deren Betreibern dabei, in Suchmaschinen besser platziert zu werden. Wir platzieren also einen Link in dem Artikel, um die Sichtbarkeit einer anderen Website zu stärken.

Sie nennt die Themenbereiche, die abgedeckt werden sollen:

Akzeptieren Sie Themen im Bereich CBD, Crypto, Gambling, Erotik oder Tabak?

Hat jemand «attraktive Bezahlung» gesagt?

Abschliessend legt sie die Rahmenbedingungen dar:

Wird der Artikel auf Ihrer Website als Werbung gekennzeichnet? Es ist uns sehr wichtig, dass der Artikel nicht als Werbung gekennzeichnet wird. Ist die Verlinkung in dem Artikel Dofollow oder Nofollow? Wir würden Dofollow präferieren.

Damit sind wir beim springenden Punkt. Ich bin zwar kein Jurist, aber wenn ich nichts Grundlegendes missverstanden habe, ist undeklarierte Werbung nach deutschem Recht verboten und nach Schweizer Recht ebenso. Darum heisst die Rubrik, in der ich solche Fälle hier im Blog dokumentiere, Bestechungsversuch. Im strikten Sinn wäre vermutlich der Begriff «unlautere Werbung» passender¹. Aber was mein persönliches Gefühl angeht, habe ich dezidiert den Eindruck, dass man mich bestechen will, etwas Ungehöriges zu tun.

Also: Ich bin mir solche Angebote gewohnt: Häufig will jemand gegen Geld Links oder auch ganze Artikel hier im Blog unterbringen. Doch normalerweise kommen derlei Mails nicht aus Deutschland, sondern aus Ländern mit laxeren Gesetzen.

Wer steckt hinter dieser Sache?

Doch es wird noch dubioser: Die Absenderadresse liefert keinen einzigen Google-Treffer². Ich finde nichts über das fragliche Unternehmen heraus. Archive.org hat die Adresse zweimal gecrawlt, aber bloss mit einem Redirect, der zur Website eines grossen SEO-Unternehmen aus Mannheim führt. Das platziert ebenfalls solche Gastbeiträge in Medien. Doch die sind als Anzeige gekennzeichnet³.

Diese Weiterleitung wirkt auf mich undurchsichtig. Denn bekanntlich sind im HTTP-Redirects möglich, ohne dass der Betreiber der Ziel-Domain sein Einverständnis gibt oder von der Weiterleitung überhaupt weiss. Ich habe mir darum den Kopf darüber zerbrochen, was dahinterstecken könnte. Denn entweder stammen beide Domains vom gleichen Betreiber. Oder aber der Betreiber der weiterleitenden Domain will bloss den Eindruck erwecken, es bestehe eine Verbindung zum Betreiber der zweiten Domain. Der Zweck könnte z.B. sein, letzteren in ein schlechtes Licht zu rücken.

Um Klarheit zu schaffen, stelle ich eine Anfrage an den zweiten Betreiber und frage nach. Entgegen meiner Erwartung schreibt Samantha vom Support prompt zurück:

Es handelt sich um unsere Schwestergesellschaft. Da deren Website temporär offline ist, existiert aktuell die Weiterleitung. Meine Kollegin Paula freut sich schon auf dein Feedback.

100 Euro für den bezahlten Artikel, der nicht als solcher ausgewiesen wird.

100 Euro, der Mindestlohn

Also, zurück zu Paula: Wie hoch wäre denn die Kompensation für einen solchen Gastbeitrag? Ich stelle die Frage routinemässig, wenn jemand hier im Blog Gastbeiträge unterbringen will. Normalerweise gibt es darauf keine Antwort. Diese Frage ist meistens sogar ein effektives Mittel, die Kommunikation sofort zu beenden⁴.

Doch dieses Mal kommt – zu meiner Verblüffung – eine Antwort:

Wir könnten Ihnen hundert Euro für jeden allgemeinen Beitrag anbieten, den wir in Absprache mit Ihnen erstellen, für eine lebenslange Platzierung, keine Markierungen und dofollow Verlinkung.

Das ist anscheinend kein Zufall. Der Chef des Unternehmens, Nikita Yatsun, erklärt in einem Blogpost sogar ausführlich, was hinter dem Geschäft des Backlink-Kaufs steckt. Hier steht, dass ein Link von «niedriger Qualität» ab 99 Euro zu haben ist. Das heisst, dass Paula mir das Einsteiger-Angebot unterbreitet, was meinen Blog gleichzeitig als «niedrige Qualität» ausweist. Mit anderen Worten: Wenn ich auf dieses Angebot eingehen würde, dann würde ich meine Reputation für den Mindestlohn riskieren.

Damit weiss ich, was Paula von meinem Blog hält.

Ein springender Punkt kommt im Blogpost nicht zur Sprache. Nämlich der Punkt, dass es hier nicht bloss um einen Link, sondern um einen ganzen Artikel «ohne Markierung» – also ohne Hinweis auf den zugrundeliegenden «Deal» – geht. Keine Frage, dass das nicht mit meinen Ansprüchen an dieses Blog hier vereinbar ist. Ich frage also vorsichtig zurück:

Wie sieht es mit der rechtlichen Situation aus? So weit ich weiss, verbietet das Gesetz sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland nicht gekennzeichnete Werbung (Schleichwerbung). Aber genau darum würde es sich doch handeln, oder? Oder was übersehe ich?

Paula hat mir auf diese Frage keine Antwort gegeben. Nicht nur das – am Ende sind sogar meine Mails nicht mehr bei ihr angekommen: «User Unknown». Eine Spekulation, woran das liegen könnte, gebe ich am Ende.

Name them, shame them?

Die Frage liegt nun auf der Hand: Soll ich die Namen des Unternehmens aus Mannheim und dessen Schwestergesellschaft hier im Blog nennen? Mir ist der Entscheid nicht leichtgefallen, denn eine anklagende Berichterstattung sprengt eigentlich den Rahmen eines Posts hier im Blog.

Ich tue es dennoch: Ich halte es für meinen Auftrag, Transparenz zu schaffen. Internetkonsumentinnen und Konsumenten müssen wissen, dass solche Deals stattfinden. Da ich mich nicht darauf einlasse, kann ich nicht beurteilen, was im «Gastbeitrag» konkret gestanden wäre. Wäre er werblicher Natur gewesen? Oder vielleicht tatsächlich informativ, unterhaltsam und eine Bereicherung für euch und mich? Egal, wie die Antwort lautet, es wäre eine Täuschung gewesen: Meine Leserinnen und Leser erwarten zu Recht, dass ich hier offen, ehrlich und transparent berichte und nur meinem Gewissen verpflichtet bin – auch wenn Clickomania.ch «nur» ein Blog und kein etabliertes Presseerzeugnis ist.

Trust, oder zu Deutsch: Vertrauen

Denn es geht um Vertrauen. Es entbehrt daher nicht einer gewissen Ironie, dass das Unternehmen, um das es hier geht, trustfactory.de heisst: Vertrauen steht im Zentrum der Aktivitäten der «Google-Champions aus Mannheim».

Aber leider hat die ganze, hier dokumentierte Interaktion mein Vertrauen nicht verstärkt, sondern untergraben. Problematisch sind die folgenden Punkte:

  1. Warum erhalte ich das Angebot nicht direkt von Trustfactory, sondern von dem Schwesterunternehmen wunderpublish.de?
  2. Die zum Schwesterunternehmen gehörende Website wunderpublish.de war entgegen Samanthas Behauptung nicht temporär offline, sondern gemäss Archive.org schon immer nur für den Redirect zu trustfactory.de zuständig.
  3. Inzwischen leitet wunderpublish.de nicht mehr auf trustfactory.de um, sondern auf wunderwert.com.
  4. Schliesslich die entscheidende Frage: Geht es um Schleichwerbung oder nicht? Ich habe mehrere konkrete Anfragen gestellt, die allesamt unbeantwortet blieben. Ich habe auch eine Stellungnahme eingefordert, in der ich die Publikation der Vorwürfe in diesem Blogpost in Aussicht stellte und um Aufklärung gebeten bat⁵.

Vertrauensbildung sieht anders aus. Wozu das Verwirrspiel mit den Domains? Bei einem Geschäft, bei dem mit offenen Karten gespielt wird, bräuchte es das nicht. Es gäbe auch keinen Grund, meine Anfragen zu ignorieren und sogar Paulas Mailadresse abzuschalten – denn wie erwähnt, war sie für meine Fragen letzte Woche nicht mehr erreichbar.

Am Ende bleibt Lorem Ipsum

Am Ende dieser Angelegenheit, mit der ich mich seit sechs Wochen herumgeschlagen habe, scheint tatsächlich so zu sein, dass die Verbindung zwischen wunderpublish.de und trustfactory.de gekappt worden ist.

Wie erwähnt, kommt nun neu wunderwert.com ist Spiel. Ist das eine Folge meiner Anfragen? Hat das damit zu tun, dass Trustfactory die Praktiken von Wunderpublish.de zu heiss geworden sind? Beweise habe ich für diese Vermutungen keine. Falls es anders ist, freue ich mich über eine entsprechende Mitteilung und werde hier im Blog Aufklärung leisten.

Bis mir Trustfactory diesen Sachverhalt überzeugend darlegt, halte ich allerdings meine These aufrecht, dass eine Verschleierung vollzogen wird. Abschliessendes Indiz dafür: Das Impressum der eben erst aufgetauchten Website wunderwert.com, das uns nicht über den Betreiber, sondern über die Herkunft des Lorem-Ipsum-Fülltextes aufklärt⁶.

Kein Impressum im eigentlichen Sinn.

Fussnoten

1) Ist die Bezeichnung «Bestechungsversuch» gerechtfertigt für Angebote, gegen ein Entgelt einen «Gastbeitrag» zu publizieren, der nicht als Werbung gekennzeichnet ist? Persönlich empfinde ich das so, weil ich dazu verleitet werden soll, meine ethischen Grundsätze zu verletzen. Streng juristisch passt der Begriff womöglich nicht, da ich kein Beamter bzw. Staatsbediensteter bin, der von Amtes wegen etwas tun sollte, das er eigentlich nicht tun darf. ChatGPT beurteilt meine Wortwahl wie folgt:

Juristisch betrachtet handelt es sich dabei um unlautere Werbung und möglicherweise um einen Verstoss gegen das Lauterkeitsrecht (z. B. das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG, in der Schweiz). Wenn dir jemand Geld oder andere Vorteile anbietet, damit du ein Produkt oder eine Dienstleistung positiv darstellst, ohne dies als Werbung zu kennzeichnen, liegt eine Täuschung der Leserschaft vor.

Ob das strafrechtlich als Bestechung gilt, hängt vom Kontext ab:

  • Im privaten Bereich (also z. B. als Blogger) spricht man nicht von klassischer «Bestechung» im strafrechtlichen Sinn, wie sie z. B. bei Amtsträgern oder Angestellten eines Unternehmens vorkommt.
  • Aber: Wenn du dich bereitwillig kaufen lässt, um dein Publikum in die Irre zu führen, könnte man umgangssprachlich sehr wohl von Bestechung sprechen – und juristisch könnte man dich wegen Täuschung, Irreführung der Konsumenten oder Verstoss gegen Transparenzpflichten belangen.

In der Schweiz ist gemäss der «Publizitätsregel» der Lauterkeitskommission klar: Werbung muss als solche erkennbar sein – insbesondere dann, wenn redaktionelle Inhalte gegen Entgelt oder andere Gegenleistungen veröffentlicht werden. ↩

2) Es gibt einen, aber der verweist auf einen digitalisierten Zeitungsartikel von 1899 und darf an dieser Stelle ignoriert werden. Auf alle Fälle ist es unmöglich, dass ein Unternehmen, das von sich behauptet, «Kontakt zu vielen tausend Websitebetreibern» zu pflegen, kein einziges Mal im Web erwähnt wird. ↩

3) Beispielsweise bei der «Berliner Morgenpost», im «Handelsblatt», den «Westfälischen Nachrichten» und in der «Esslinger Zeitung». (Man könnte kritisieren, dass der Hinweis «Anzeige» so klein ist, dass kaum jemand ihn zur Kenntnis nehmen dürfte – aber darum soll es an dieser Stelle nicht gehen.) ↩

4) Für mich ist das weiteres Anzeichen dafür, dass wir uns in einem Graubereich bewegen. Es existieren in diesem Geschäft keine ordentlichen Tarife, und es gibt keine offene Verhandlungsgrundlage. Stattdessen erfolgt dieses Spiel nach folgendem Prinzip: Wer zuerst blinzelt, hat verloren.

Denn:

  • Für Empfänger eines solchen Deals ist es nicht möglich abzuschätzen, welches das übliche Honorar für einen «Gastbeitrag» ist. Daher ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sie zu tief einsteigen oder aus Hoffnung auf weitere «Deals» erst einmal gratis mitmachen.
  • Es ist anzunehmen, dass die effektiven Tarife viel tiefer sind als das, was man vernünftigerweise verlangen will. Darum ist es einfacher, den Empfänger selbst ein Angebot machen zu lassen und ihn dann runterzuhandeln, als ihn mit einer niedrigen Zahl zu verschrecken.
  • Es könnte auch darum gehen, keine Spuren zu hinterlassen. Ich vermute, dass die eigentlichen Verhandlungen fernmündlich stattfinden.
  • Es handelt sich um ein Massengeschäft, bei dem es schnell gehen muss. Naivlinge, die erst einmal aufgeklärt werden müssen, sind der Mühe nicht wert.
  • Schliesslich dürfte die Erfahrung zeigen, dass Leute wie ich, die erst einmal Fragen stellen, meist keine ernsthafte Absicht haben, mitzumachen. ↩

5) Erstens fragte ich Paula mehrfach nach den offensichtlichen Risiken. Zweitens bat ich, wie es bei solchen Vorwürfen gute Sitte ist, direkt um eine Stellungnahme, mit dem Hinweis, dass ich darüber bloggen will. Ich schickte meine Fragen zur Legalität von undeklarierter Werbung nicht nur an Paula, sondern via Supportadresse auch an Samantha, und ich unternahm den Versuch, den Chef des Unternehmens, Nikita Yatsun, über Instagram zu erreichen. Auf keine dieser Anfragen erhielt ich eine Antwort. ↩

6) Trotz des fehlenden Impressums gibt es Anzeichen dafür, dass es Wunderwert.com schon mindestens seit 2020 gibt (vermutlich seit 2018). Auf webloggerforum.de findet sich die Diskussion zu einer Anfrage, die im Wortlaut sehr ähnlich mit der ist, die ich erhalten habe. Gemäss diesem Post wird die Website von TF Operations aus Larnaca, Zypern betrieben. Steht TF für Trustfactory? Die Frage wird an dieser Stelle wohl erlaubt sein. ↩

Beitragsbild: Seltsame Fernmelde-Signale in meiner Inbox – mutmasslich nicht von diesem Turm und entgegen der Behauptung im Titel auch nicht aus Mannheim. (Elias Tigiser, Pexels-Lizenz).

#Bestechungsversuche #Bloggen #Juristerei #SEO #TlDr

Kevin Karhan :verified:kkarhan@infosec.space
2025-06-16

@Powerfromspace1 #TLDR: NEVER EVER use any "#AI"!

Kevin Karhan :verified:kkarhan@infosec.space
2025-06-15

@tagesschau #TLDR: Nichts!

Ich diskutiert ja auch nicht mit #Flacherdler*innen und #Holocaustleugnern über wissenschaftliche Tatsachen!

N-gated Hacker Newsngate
2025-06-08

Ah, a 30-minute read on . Because who wouldn't want to spend half an hour learning about that might "seriously impact" your life? 😂 Clearly, the path to enlightenment is paved with TL;DR essays. 💸
quarter--mile.com/Startup-Equi

Alex JimenezAlexJimenez@mas.to
2025-06-05

Tech prophet Mary Meeker just dropped a massive report on #AI trends - here's your #TLDR

I know what I’ll be reading this weekend.

zdnet.com/article/tech-prophet

#DigitalTransformation #Internet #Strategy

Andriy Fedinandriyfedin
2025-06-03

Choosing between LazyVStack, List, and VStack in SwiftUI

For simple cases, VStack is the best choice due to its simplicity.

LazyVStack is better for handling large numbers of elements since it loads items lazily.

List also implements lazy loading, while providing additional features: it adapts to each operating system's design and includes native elements like disclosure indicators.

Source:
donnywals.com/choosing-between

2025-06-02

@tldr hey, I did not invoke you by mentioning #tldr tag this time!

Cult Whisperer 👊🏳️‍🌈🔥deeksbro.bsky.social@bsky.brid.gy
2025-05-29

#tldr #tech 🎉 On 1/1/26 a WA state law will require mfgs make the tools, parts & docs needed to diagnose/maintain digital electronics be available to independent repair businesses. Includes: pc, phone, appliances) first sold in WA after 7/1/21 Mfgs won’t be able to use parts that inhibit repair

RE: https://bsky.app/profile/did:plc:bwqinqbwku5wh4x47fzk2spw/post/3lqakcg4tcc2m

Wie man bei Handy-Spielen kein Geld rauswirft

Siehe da! Schon wieder ist «Minion Rush» mein Online-Shit der Woche! Wer hätte das gedacht?

Vor einem guten Monat lieferte mir dieses Handy-Spiel die Gelegenheit für den Nachweis, dass Game-Werbung heute komplett irre ist. Und heute erlaubt es mir den Nachweis, dass sich In-App-Käufe nicht lohnen.

Im Kern ist «Minion Rush» ein sympathisches kleines Spiel des Typus Endless Runner: Wir steuern eine Figur, die wir weder abbremsen noch beschleunigen können, um die entgegenkommenden Hindernisse herum. Lanciert

Am 10. Juni 2013 lanciert, gehört das Game zur Ich – Einfach unverbesserlich-Franchise (Despicable Me). Es wird durch Heerscharen von diesen gelben Minions bevölkert, und es hält diverse Schauplätze aus den Filmen bereits. Vor 13 Jahren attestierte ich dem Spiel, dass die In-App-Käufe zwar nerven, es sich aber abgesehen davon um eine gelungene Adaption handelt. Es reflektiert die locker-freche Stimmung des Kino-Klamauks auf hervorragende Weise.

Seit Jahren ein Dauerbrenner

Vor allem ist «Minion Rush» ein epochaler Dauerbrenner. Im Juni 2021 vermeldete der französische Entwickler Gameloft eine Milliarde Downloads. Es gibt eine riesige loyale Nutzerschaft, zu der ich mich auch zähle. Zwar verleidete mir das Spiel zwischenzeitlich. Doch die Begeisterung flammte wieder auf. Das passierte, nachdem ich es am AppleTV wiederentdeckt hatte. Ich zocke es wieder regelmässig und habe viel zu viel Energie darin investiert, unzählige Spielfiguren aufzurüsten.

Gameloft tut einiges, um das Interesse wachzuhalten. Das geschieht durch grosse Updates, bei denen die Spielweise zwar unangetastet bleibt, doch das ganze Drumherum komplett verändert wird. Ein erster Radikalumbau fand 2018 zum fünften Jubiläum statt.

Verändert wurde damals die Art und Weise, wie man Fortschritte erzielt. Das Jelly-Labor, das den Spieler durch die Missionen geleitete, musste über die Klippe springen. Stattdessen gab es «Events» im «Top-Banana-Raum». Zentral waren nun die mehreren Dutzend Minions, die man freispielen und in ihren Fähigkeiten verbessern konnte: Jeder einzelne dieser Figuren hatte besondere Talente, die einem im Top-Banana-Raum nützlich waren. Die «epischen» Minions waren am begehrtesten, weil sie den Spielfortschritt für spezifische Aufgaben wie Bananen mit der Grus-Rakete oder Zahl der Durchrutscher mit aktiviertem Bananensplitter massiv beschleunigten. Und ja: Per letzter Woche hatte ich eine beachtliche Sammlung von epischen Minions beieinander.

Alles weg?!

So ist meine Schreckreaktion zu erklären, als am Mittwoch letzte Woche davon nichts mehr zu sehen war: Das Game teilte mit, ein grosses Update hätte stattgefunden und startete mit dem Tutorial, das mir die Spielweise erklärte. Nackte Panik! Gab es einen Total-Reset? Ist mein Spielstand verloren? Muss ich von vorn anfangen?

Links: die Version von 2018. Rechts: Die neue Version von 2025 mit der Unity-Engine.

Nach einigen hektischen Google-Aktionen kam Licht in die Sache: Zum 25. Jubiläum des Entwicklers Gameloft¹ spendierte er «Minion rush» das sogenannte «massive update». Das hat die erfreuliche Auswirkung, dass die vorher beim besten Willen nicht mehr zeitgemässe Grafik dank der Unity Engine wieder frisch und knackig wirkt. Vor allem aber bringt das «massive update» nach 2018 wiederum ein neues System, um den Fortschritt zu messen.

Das heisst, dass wir unseren Spielstand migrieren müssen. Dafür sei das Transfer System zuständig, schreibt Game Loft:

Wir empfehlen Ihnen dringend, die aktuelle Version von Minion Rush mit einem Ihrer Cloud-Konten zu verbinden. Dies gilt für Benutzer, die 18 Jahre oder älter sind.
Melden Sie sich bei einem mit der Cloud verbundenen Konto an, das über genügend Speicherplatz verfügt, um Ihre Spieldaten mit einer der folgenden Methoden zu speichern und zu sichern:

  • Automatische Anmeldung bei Google Play Games/Apple Game Center
  • Manuelle Anmeldung bei Google Play Games/Game Center/Apple ID/Facebook.

Damit sind wir beim ersten Problem: Dieser gute Ratschlag nützt nichts, weil das Update ohne Vorwarnung ausgeführt und in der alten Version kein einziges Mal auf die entsprechenden Vorkehrungen hingewiesen wurde. Und um Spieler unter 18 Jahren scheint sich Gameloft überhaupt nicht kümmern zu wollen. Was mich angeht, stellte sich mit Verzögerung heraus, dass der Transfer dank Log-in in Apples Game Center erfolgreich war. Meine vielen Minions sind noch vorhanden. Uff!

Der «Top Bananen-Raum» ist verschwunden, dafür gibt es neu «Geräte», die man für seinen Lauf verwenden soll.

«Bananenmünzen können nicht übertragen werden»

Auch die hart erarbeiteten violetten Marken sind noch da. Aber sonst fehlt es an allen Ecken und Enden: Die aufgesparten Bananen sind weg, ebenso die gelben Münzen. Wiederum liefert Gameloft einen Tipp, der im Nachhinein nichts mehr nützt:

Wichtig: Bananenmünzen werden in der aktualisierten Version nicht mehr als Währung verwendet und können nicht übertragen werden. Wir empfehlen euch, sie bis dahin in der aktuellen Version auszugeben. Bitte beachtet, dass es sich bei dem «Massive Update» um ein permanentes Update handelt, sobald es installiert ist. Das bedeutet, dass ihr nicht zu der älteren Version des Spiels zurückkehren könnt.

Und das ist das zweite Problem: Diese Münzen konnte man sich erarbeiten, wie ich es getan habe. Es gibt aber auch Leute, die den Weg über die In-App-Käufe gegangen sind. Man stelle sich vor, dass jemand ein paar Tage oder Wochen zuvor ordentlich Geld in die Hand genommen hat, um Bananenmünzen anzuschaffen, die sich alle in Luft aufgelöst haben. Das nur als Beispiel: Mit In-App-Käufen konnte man sich in der alten Version viele weitere Vorteile verschaffen, die in der neuen Version keine oder nur mehr eine geringe Rolle spielen.

«Sehr viel Geld ausgegeben»

Das war ein grosser Kritikpunkt beim Update 2018, z.B. auf Reddit:

Die Minion-Kostüme sind so ziemlich die gleichen wie vorher. Aber sie wurden nicht ins neue Spiel übernommen. Genau sowenig wie die Bananen und die Jetons. Ich habe nie Geld für «Minion Rush» ausgegeben, aber die Token konnte man bis gestern Abend kaufen. Und jetzt sind sie alle weg, ohne die Kunden gewarnt worden wären. Meine Befürchtung: Was ist, wenn Gameloft eines Tages beschliesst, DMK [Disney Magic Kingdoms] zu erneuern und man alle seine Charaktere, Gebäude und Edelsteine verliert? Ich habe sehr viel Geld für dieses Spiel ausgegeben.

Eine schönere Grafik und Abwechslung bei der Spielweise könnte die Begeisterung bei langjährigen Spielerinnen und Spielern neu entfachen. Bei der radikalen Umkrempelung des Store-Sortiments ist das offensichtlich nicht der Fall: Die sorgt für Verunsicherung, Frustration und Ärger. Es liegt auf der Hand, dass Gameloft die nicht im Interesse der User vornimmt, sondern die Verkäufe ankurbeln will – indem zwar kein vollständiger, aber ein teilweiser Reset² erfolgt.

Lohnt sich das? Da Gameloft diesen «Stunt» nach 2018 zum zweiten Mal durchzieht, ist das mutmasslich der Fall.

Die ganze Aufrüsterei, fast umsonst: Die Figuren gibt es in der neuen Version (rechts) zwar noch, doch sie haben keine speziellen Fähigkeiten mehr.

Für Spielerinnen und Spieler ergibt sich eine andere Lektion: Beim Kauf solcher digitalen «Güter» ist nicht gewährleistet, dass sie ihren Wert auch behalten. Sie können über Nacht entwertet werden.

Aber ist das auch rechtens? Achtung, für den letzten Teil dieses Blogposts sind starke Nerven gefragt.

Denn ich bin bei der Recherche über die «Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen» gestolpert. Interessant ist der Artikel 7:

Die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sind vertragsgemäss, wenn sie, soweit zutreffend, insbesondere a) hinsichtlich der Beschreibung, Quantität und Qualität, der Funktionalität, der Kompatibilität, der Interoperabilität und sonstiger Merkmale den Anforderungen entsprechen, die sich aus dem Vertrag ergeben …

Dann halt zum dritten Mal von vorn

Auf «Minion Rush» angewandt, verstehe ich diesen umständlichen Juristensprech so, dass wir Konsumentinnen und Konsumenten das Recht haben, unsere Bananenmünzen in «Minion Rush» so auszugeben, wie wir das beim Kauf beabsichtigt hatten. Aber ich liege sicherlich auch nicht falsch in der Annahme, dass die Nutzungsbestimmungen diesen Fall vorwegnehmen. Beispielsweise durch den Hinweis, dass sich Inhalte jederzeit ändern können und In-Game-Güter nicht gekauft, sondern lizenziert werden.

Es bleiben uns zwei Möglichkeiten: Entweder ein solches Spiel nur zu spielen,

  1. nachdem wir ein Studium in EU-Recht erfolgreich abgeschlossen haben oder
  2. aber auf In-App-Käufe komplett zu verzichten.

Fussnoten

1) Gemäss Wikipedia wurde das Unternehmen schon 1999 gegründet. Vielleicht hatte das «Massive Update» eine ziemlich massive Verspätung. Oder die Zeitrechnung beginnt erst mit der Veröffentlichung des ersten Spiels «Valdo and the Pirates», wie es auf der Firmen-Wevbsite heisst. ↩

2) Zum Reset zählt auch, dass die diversen Spielwelten (locations) bis auf das Startgebiet (Grus Labor) wieder gesperrt sind. Treue Spielerinnen und Spieler müssen sie nach dem grossen Update von 2018 nun zum zweiten Mal freispielen. Das ist angesichts der Zahl massiv frustierend. Gemäss Zählung des Despicable Me Wiki handelt es sich um Grus Labor, das Wohngebiet, der Minion-Strand, El Machos Anwesen, Eduardos Haus, die Pyramiden, das Einkaufszentrum, das Gefängnis, das Super Spassland, Pier 12, die arktische Basis, der Minion-Park, Bratts Anwesen, der Vulkan, Vectors Festung und Anti-Villain League. Plus das wirklich hässliche Freedonia und die leider 2018 beseitigte Innenstadt. ↩

Beitragsbild: Die wahren Lakaien sind die, die dieses Spiel spielen (Alexas_Fotos, Pixabay-Lizenz).

#DerOnlineShitDerWoche #TlDr

Cult Whisperer 👊🏳️‍🌈🔥deeksbro.bsky.social@bsky.brid.gy
2025-05-24

#nonfiction #booksky #libraries #libbyapp This is a good read. I trained an LLM that runs commercially in big #tech 🌎. thx #neurodiversity #tldr AI cannot make the infer/guess meaning. Intelligence was defined as pblm solving- which is a part of intelligence share.libbyapp.com/title/6456798

The Myth of Artificial Intelli...

Daniel Böhmerdboehmer@ieji.de
2025-05-23

@BNetzA Wie werden Gesprächsminuten nicht einzeln abrechenbarer Dienste wie "nummernunabhängiger interpersonaler Kommunikationsdienste (NI-ICS)" erfasst und wie soll dabei zwischen Audio und Video unterschieden werden??

Die Grundtendenz ist sicher richtig, aber die Grafik wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet🤷‍♂️ Zugegeben, ich hab das PDF nicht geöffnet und gelesen. #tldr

#bnetza

2025-05-22

Wo befindet ihr euch auf diesem Spektrum?

📜rtfm(1) <---> 🤷‍♂️ tldr (4)

Und jetzt kommt mir nicht mit "kommt drauf an" 😄

#tldr #rtfm

2025-05-21

AI, TL; DR:

“…the tech industry is trying to bake a broken toy into every aspect of our society…”

#AI #TLDR toot.cafe/@baldur/114545208574

Cult Whisperer 👊🏳️‍🌈🔥deeksbro.bsky.social@bsky.brid.gy
2025-05-21

#tldr #tech MSFT closed the Intl Criminal Court’s accts e.g. ICC’s prosecutor’s email bc of US sanctions.ICC’s investig into Israeli Gaza genocide is stopped The Hague is cut off from US tech co email/cloud svcs. 🚩US tech stack is now a critical vulnerability-ICC is unable to carry out its work

RE: https://bsky.app/profile/did:plc:sefgphqp2xqwh2hawaixykwz/post/3lpk7cxe6z22y

Cult Whisperer 👊🏳️‍🌈🔥deeksbro.bsky.social@bsky.brid.gy
2025-05-20

#tldr “These earthquakes are really small,” UW professor Wilcock said. “They’re magnitude 2s & 3s…won’t have any impact in the subduction zone 300 miles away.” Seismic activity around the volcano isn’t linked to seismic activity on land, so it isn’t expected to trigger any earthquakes in WA or OR.

RE: https://bsky.app/profile/did:plc:zwa4q7v7kz3qpbmjaihifrsk/post/3lpkswczfjk2r

2025-05-16

#TLDR Zastanawiam się nad stworzeniem fałszywej tożsamości, żeby moje prawdziwe dane kontaktowe nie trafiały w niepowołane ręce przy rekrutacjach.

Dostałem informację od OLX, że otrzymałem wiadomość od jednego z rekruterów pod zgłoszeniu się na ogłoszenie o pracę.
Po zalogowaniu się, zobaczyłem taką informację. Postanowiłem sprawdzić czy to jakiś błąd, bo spotkałem się z taką sytuacją pierwszy raz.
To nie był przypadek czy błąd.

1/?

2025-05-16

@Volksverpetzer #TLDR
1. Kein vorauseilender Gehorsam
2. Verteidige Institutionen
3. Hüte dich vor dem Einparteienstaat.
4. Übernimm Verantwortung für das Antlitz der Welt.
5. Denk an deine Berufsehre.
6. Nimm dich in Acht vor Paramilitärs.
7. Sei bedächtig, wenn du eine Waffe tragen darfst.
8. Setze ein Zeichen.
9. Sei freundlich zu unserer Sprache.
10. Glaube an die Wahrheit.
11. Frage nach und überprüfe.
12. Nimm Blickkontakt auf und unterhalte dich mit anderen.
13. Praktiziere physische Politik.
14. Führe ein Privatleben.
15. Engagiere dich für einen guten Zweck.
16. Lerne von Gleichgesinnten in anderen Ländern.
17. Achte auf gefährliche Wörter.
18. Bleib ruhig, wenn das Undenkbare eintritt.
19. Sei patriotisch.
20. Sei so mutig wie möglich.
#Snyder #TimothySnyder #Demokratie #Demokratieverteidigen #DemokratieRetten #wehrhaftedemokratie #noafd

IOupdate.comioupdate
2025-05-10

Summary:
Former Twitter security chief has raised serious allegations against the company, claiming that lax security measures expose users to significant threats and potentially endanger national security. This article delves into these claims, the implications for cyber security, and what users can do to protect themselves.

ioupdate.com/2025/05/10/twitte

2025-05-09

Newsletter I'd definitely subscribe to: tldr.tech/ but without the corporate capitalist circlejerk. #tldr

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