Wenig Wissen, dafür billige Polemik: Gernot Blümel qualifiziert im Kurier die Ausstellung im österreichischen Pavillon bei der Architekturbiennale *Agency of Better Living* (Kurator*innen Sabine Pollak, Michael Obrist, Lorenzo Romito) als SP-Propaganda des „roten Wien“ mit kleinem R. Er meint, im Wiener Gemeindebau werde die Bedürftigkeit nicht laufend geprüft (it’s a feature, not a bug; aber manche hätten wohl lieber Armenasyle statt sozial durchmischter Stadtquartiere); dass gedeckelte Altbaumieten ein wichtiger Faktor für leistbaren Wohnraum sind (dafür kann Wien nichts, das stimmt, das ist Bundesrecht; aber auf 42% des Wiener Wohnungsbestands hat die Stadt Einfluss, und dort ist das Wohnen jedenfalls leistbar); dass „Superblocks“ soziale Brennpunkte seien (von welcher Stadt schreibt er?); dass Wien eine niedrige Wohnungseigentümerquote hat und behalten will (das stimmt, wie in allen deutschsprachigen Städten – einfach weil es hier soziale Sicherungssysteme gibt; die höchsten Wohnungseigentumsquoten in Europa haben die ärmsten Länder). Blümel meint, der Beitrag sei „brav“ – wenn man oberflächlich hinsieht, scheint das vielleicht so, Obrist spricht von „unsichtbarer Radikalität“ der Wiener Wohnbaupolitik, die teils mit, teils ohne Markt arbeitet und damit niedrige Mieten im sozialen Wohnbau (42% des Bestands, siehe oben) schafft. Am freien Markt sieht es leider auch in Wien anders aus. Die Ausstellung sei perfekt für die Wienwahl ausgewählt, meint er – dabei weiß er genau, dass diese Entscheidung durch das türkis-grüne Kulturministerium getroffen wurde, immerhin war das einmal sein Ressort. Die Ausstellung zeigt die Vorteile der Wiener Wohnbaupolitik, aber sie kritisiert auch, etwa den Paternalismus und die schwierigen Wege der Pioniere. Natürlich ist auch weitergehende Kritik an Wien möglich und sinnvoll – aber nicht hier, wo es darum geht, ein Lösungsmodell für ein Problem zu präsentieren, das in ganz Europa immer größer und drängender wird, das leistbare Wohnen. Das zeigt nicht zuletzt, dass es seit letztem Jahr einen EU-Wohnbaukommissar gibt. https://kurier.at/ngen/architekturbiennale-das-rote-wien-in-venedig/403044666