Fortsetzung zu: Das Treffen - Eine kleine Fedigeschichte
Teil 2
Es war einige Wochen her, seit die Fediwesen das letzte Mal in Schwienkuhl zusammengekommen waren. Das Dorf war still geworden, und das verfluchte Glas Babybrei mit Rosinen und die geheimnisvolle Laugenbrezel waren längst in Vergessenheit geraten. Oder so dachten sie.
Doch dann, eines Nachts, als die Welt schlief und die Dunkelheit schwer auf den Bildschirmen lag, begann es. Opili war der Erste, der es bemerkte. Ein Flüstern. Leise, kaum wahrnehmbar, aber immer da. Zunächst dachte er, es sei nur das Rauschen des Windes, doch bald folgten Worte.
„Komm zurück... nach Schwienkuhl... deine Aufgabe ist nicht erfüllt... das Ende ist noch nicht geschrieben.“
Das Flüstern wurde jede Nacht lauter, das Wispern eindringlicher. Opili konnte kaum noch schlafen. Bald meldeten sich auch die anderen Fediwesen in den verschlungenen Fäden des Fediverse-Chats. Miss, Seidla, Cedara, Andiana, Fuchsmädchen, Nocci, Marcel, Frauchen, Bibimama, Jumpfruit und Sky – sie alle hörten die Stimmen, die sie im Schlaf verfolgten und in ihren Träumen auftauchten.
Es war nicht nur das Flüstern. Manche von ihnen sahen Gestalten in den Schatten, andere träumten von Schwienkuhl, von der Taverne, von der Brezel und dem alten Glas Babybrei. Und jedes Mal, wenn sie sich der Taverne im Traum näherten, wachte jemand mit einem Schrei auf.
Eines Nachts geschah etwas, das alles veränderte. Zur exakt gleichen Zeit erhielten alle Fediwesen eine kurze, aber deutliche Vision. Sie sahen eine Welt, die aussah wie das Paradies: Eine futuristische Stadt, eingebettet in grünen Wiesen, klaren Flüssen und strahlendem Sonnenschein. Schwebende Gebäude, saubere Straßen, eine Gesellschaft, die im Einklang mit der Natur lebte. Doch in der Ferne gab es eine Tür – verschlossen und uralt. Etwas schien dahinter zu warten, und der Anblick dieser Tür ließ eine unheimliche Beklemmung aufsteigen.
„Schwienkuhl“, murmelte Sky, als es die Vision durchlebte. „Es ruft uns zurück.“
Einer nach dem anderen entschloss sich, dem Ruf zu folgen. Alle wussten, dass sie zurückkehren mussten. Sie arrangierten ein erneutes Treffen, diesmal getrieben von Angst und Neugier gleichermaßen.
Als sie in Schwienkuhl ankamen, sah das Dorf aus wie damals, doch irgendetwas fühlte sich anders an. Die Luft war schwerer, fast drückend, und die Dunkelheit schien tiefer zu sein. Am Rande des Dorfplatzes bemerkte Sky etwas – ein SUV-Geländewagen, halb verdeckt hinter einer Hecke. Der Fahrer war nirgendwo zu sehen.
„Das fühlt sich nicht richtig an“, murmelte Marcel.
Sie alle trafen sich wieder in der Taverne. Es war still, und doch schien die Luft voller unausgesprochener Warnungen zu sein. Auf dem Tisch, wo die geheimnisvolle Brezel einst gelegen hatte, befand sich nun eine Kiste – alt, aus verwittertem Holz, verziert mit merkwürdigen Symbolen, die keiner von ihnen erkannte.
„Die Kiste...“, flüsterte Nocci. „Was ist da drin?“
Niemand wagte es, sie zu öffnen, doch alle wussten, was sie enthielt. Die Brezel und das Glas Babybrei. Das, was sie geglaubt hatten, besiegt zu haben, war noch nicht erledigt.
„Wir müssen in den Wald“, sagte Andiana plötzlich. Sie konnte sich selbst nicht erklären, warum sie das wusste, aber etwas in ihrem Inneren zog sie dorthin.
Ohne ein Wort folgten die anderen ihr, hinaus in die kalte Nacht. Der Wind heulte durch die Bäume, als sie tiefer in den Wald vordrangen. Es war dunkel, so dunkel, dass die Taschenlampen kaum halfen. Doch in der Ferne sahen sie etwas leuchten. Ein schwaches, blaues Schimmern durchbrach die Nacht.
„Der Teich“, flüsterte Bibimama. „Da drüben.“
Als sie den Rand des Teiches erreichten, stockte ihnen der Atem. Inmitten des Wassers, dort, wo die Tiefe begann, leuchtete ein unheimliches blaues Licht. Das Wasser war ruhig, aber das Licht darunter bewegte sich, als ob es eine eigene Seele hätte.
„Das ist nicht richtig“, sagte Miss, die die Kiste fest in den Händen hielt. „Das Leuchten... es kommt von da unten.“
Doch bevor sie weiterreden konnte, ertönte ein lautes Krachen. Aus dem Unterholz schoss plötzlich der SUV-Geländewagen, der zuvor am Dorfplatz gestanden hatte. Doch es war kein Fahrer zu sehen. Das Auto raste auf sie zu, die Scheinwerfer blendeten sie.
„Achtung!“, rief Jumpfruit und warf sich zur Seite.
Das Auto kam nur wenige Meter vor ihnen zum Stehen, als wäre es von unsichtbaren Händen angehalten worden. Dann herrschte wieder Stille.
„Das ist... Wahnsinn“, murmelte Fuchsmädchen. „Was zur Hölle passiert hier?“
In diesem Moment begann die Kiste in Miss' Händen zu vibrieren. Langsam, als ob sie einem unsichtbaren Befehl gehorchte, öffnete sich der Deckel von selbst. Das blaue Leuchten aus dem Teich schien stärker zu werden, und in der Kiste lagen die verfluchte Laugenbrezel und das Glas Babybrei mit Rosinen, das unheimlich vor sich hin gluckste.
„Es will... raus“, flüsterte Seidla.
Dann, wie ein Fluch, durchfuhr eine Vision alle Fediwesen gleichzeitig. Sie sahen wieder die paradiesische, futuristische Welt. Aber diesmal war etwas anders. Die verschlossene Tür in der Ferne war jetzt offen. Dahinter war nichts – nur Leere. Und diese Leere schien sie zu verschlingen.
„Das ist unsere Aufgabe“, sagte Sky leise, als die Vision verblasste. „Wir haben etwas freigesetzt, das wir nicht kontrollieren können. Aber wir müssen es aufhalten, bevor es diese Welt zerstört.“
„Das Leuchten im Teich... es ist ein Tor“, sagte Aki plötzlich. „Ein Tor zu dieser futuristischen Welt, die wir gesehen haben. Doch es ist nicht das Paradies, das wir uns wünschen. Es ist das Ende.“
„Was also tun wir?“, fragte Nocci und sah auf die Brezel und den Babybrei.
„Wir müssen sie zurück ins Wasser werfen“, sagte Marcel. „Das ist der einzige Weg, das Tor zu versiegeln.“
Langsam gingen sie zum Rand des Teiches, die Kiste mit dem alten Babybrei und der Laugenbrezel in den Händen. Mit zitternden Fingern hob Miss die verfluchten Gegenstände heraus und warf sie ins schimmernde Wasser. Ein lautes Zischen erklang, als die Brezel und der Babybrei im Teich versanken. Das blaue Leuchten erlosch, und die Dunkelheit kehrte zurück.
Ein leiser Wind zog durch die Bäume, und für einen Moment schien die Welt still zu stehen.
„Es ist vorbei“, flüsterte Opili, doch in ihren Herzen wussten sie alle, dass dies nur der Anfang war.
Die Prophezeiung war noch nicht erfüllt, und das Tor war vielleicht geschlossen... aber es konnte jederzeit wieder geöffnet werden.
Werden wir die Zukunft retten ?
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