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Dynamo-Kapitän und Neonazi gründen Fitnessstudio in Dresden

Mitte Januar eröffnete in Dresden ein neues Fitnessstudio. Im Niemandsland zwischen Südvorstadt und Löbtau gelegen, bietet das „Home of Sports Elbflorenz“ neben den typischen Fitness- und Cardiogeräten auch Kurse zu Boxen, MMA und Yoga an. Das Besondere: Einer der Inhaber ist aktuell Spieler bei Dynamo Dresden, ein anderer ein Fan der Waffen-SS. Ein Blick hinter die Kulissen.

Update (07.02.25): Mittlerweile haben sowohl der Verein als auch Stefan Kutschke auf die Veröffentlichung reagiert und distanzieren sich von dem Projekt.

Holger Grundig (markiert) bei einer der ersten PEGIDA Demonstrationen in Dresden am 17. November 2014

Im vergangenen Jahr kündigten mehrere Personen aus der Fanszene von Dynamo Dresden Großes an: Von der Gründung eines Fitnessstudios war auf Social Media die Rede – ein lang gehegter Traum, so Holger Grundig, Gründer und Geschäftsführer der Dynamo Sports GmbH. Das Objekt in der Bamberger Straße wurde eifrig saniert. Auf Fotos packte auch der Dynamo-Profi und Mannschaftskapitän Stefan Kutschke mit an. Der Stürmer und Liebling der Fanszene agierte jedoch nicht ganz uneigennützig. Wie sich herausstellte, ist er ein weiterer von drei Gesellschaftern der Dynamo Sports GmbH und somit finanziell am Erfolg des Studios beteiligt.

Das Team vom „Home of Sports Elbflorenz“. vlnr. (markiert): Felix Wille, Dennis Rohner (vorne), Ferenc Achtnichts, Holger Grundig, Maik Kollath, Erik Behnke

Am 13. Januar wurde das Fitnessstudios eröffnet, im Beisein des neuen Fitnessstudio-Teams, interessierter Personen und Unterstützer:innen. Neben Chef Holger Grundig, selbst Teilnehmer an einer der ersten Pegida-Demonstrationen in Dresden, war der Boxer und Neonazi Dennis Rohner anwesend. Rohner ist der dritte Gesellschafter der GmbH. Er arbeitete in den letzten Jahren beim Bundesligisten BC Chemnitz an seiner Karriere als Boxer und als Boxtrainer bei Boxing-Athletics Dresden. So weit, so harmlos. Jedoch nahm Dennis Rohner auch mehrfach am „Ausbruch 60“ in Budapest teil, einer Veranstaltung, die die Verbrechen der Waffen-SS glorifiziert und deren gescheiterten Ausbruchsversuch im Februar 1945 mit einer Wanderung nachstellt. Viele Teilnehmende tragen dabei Uniformen von Wehrmacht und SS, inklusive der Embleme. Die Zwischenstationen der Wanderungen sind unter anderem als „MG-Nester“ mit Waffen nachgestellt.

Dennis Rohner (links) und Paul Wollberg (rechts) in Budapest am 9. Februar 2018, einen Tag vor dem „Ausbruch 60“. Quelle: Instagram, Screenshot

Gemeinsam mit Rohner nahmen zumindest 2019 zwei weitere Personen aus dem Team des „Home of Sports Elbflorenz“ am neonazistischen Reenactment in Budapest teil: Felix Wille und Ferenc Achtnichts. Beide gehören zum Umfeld der „Army of Dresden West“, ein Nachfolge- und Spaltprodukt der extrem rechten Hooligan-Gruppierung „Faust des Ostens“. Ferenc Achtnichts folgte am 27. August 2018 einer der größten und auch gewalttätigsten Nazimobilisierungen der letzten Jahre, organisiert von ProChemnitz. Im August 2018 kam es nach der Tötung eines jungen Mannes zu mehrtägigen rassistischen Mobilisierungen und Hetzjagden in Chemnitz. Auch Achtnichts‘ Kumpel Felix Wille war in diesen Tagen in Chemnitz. Bereits ein Jahr zuvor, am 1. September 2017, waren beide Teil einer Gruppe sächsischer Nazihools, die beim Fußballländerspiel zwischen Tschechien und Deutschland in Prag für einen Eklat sorgte. Gemeinsam mit anderen rechten Hools aus Dresden, Leipzig und Chemnitz skandierten sie rechte Parolen und zündeten Pyrotechnik.

Felix Wille (markiert) bei der Nazidemo am 1. September 2018 in Chemnitz. Quelle: Presseservice Rathenow Ferenc Achtnichts (markiert) bei der Nazidemo am 27. August 2018 in Chemnitz. Quelle: Pixelarchiv

Zu den Boxtrainern im „Home of Sports Elbflorenz“ gehört neben Rohner auch Erik Behnke. Der arbeitet und trainiert im Boxclub Radeburg e.V. und bildete bereits dort Neonazis im Boxsport aus, so z.B. Georg Weise und Klaus Walther von der Nazikameradschaft „Werra Elbflorenz“. Behnke und der Boxclub Radeburg organisieren seit mehreren Jahren die Radeburger Boxnacht. Mit bis zu 1000 Besucher:innen hat sich die Veranstaltung, wie die Bautzner Boxnacht, zu einem zentralen Boxevent in Sachsen entwickelt. Die Beteiligung von organisierten Neonazis ist hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel: die bekannten Bautzner Neonazis Nico Dreier und Danny Wölfer kämpften hier ebenso wie Dennis Rohner, der für die Radeburger Boxunion antrat und der Pirnaer Neonazi Paul Wollberg, der 2018 ebenfalls nach Budapest zum „Aufbruch 60“-Marsch reiste.

Erik Behnke (markiert) bei der Boxnacht in Bautzen am 26. Oktober 2024. Rechts neben ihm der Boxer und Werra Elbflorenz Mitglied Georg Weise.

Als Fitnesscoach im Team vom „Home of Sports Elbflorenz“ fungiert Maik Kollath, ebenfalls aus dem Boxclub Radeburg. Kollaths illustre Geschichte reicht vom Modelstehen für Ultras Dynamo über Gerichtsprozesse wegen Medikamentenmissbrauchs (Steroide und Anabolika), dem Verramschen von gefälschten Markenklamotten bis zu gefährlicher Körperverletzung. Bei einer der ersten PEGIDA Demonstrationen übernahem Kollath eine Ordnerfunktion. Zusammen mit bekannten Neonazis, wie Sebastian Reiche, nahm er 2019 an einem Sportevent in Colmnitz teil – als Team „One Family“. Das Label „One Family“ mit entsprechendem Logo wird von OPOS Records vermarktet, einem neonazistischen Versandhandel aus Südbrandenburg. Auch Dennis Rohner, Ferenc Achtnichts und Paul Wollberg waren in Colmnitz am Start, als „Team Uganda“.

Maik Kollath (markiert, Mitte) im Team „One Family“ zusammen mit Sebastian Reiche (zweiter von links) beim Paralleltauziehen in Colmnitz im Juli 2019. Maik Kollath (markiert) als Ordner bei der 6. PEGIDA Demonstration am 24. November 2014 in Dresden.

Das neue Fitnessstudio „Home of Sports Elbflorenz“ in Dresden mag auf den ersten Blick ein ganz normales Studio mit Trainingsangeboten, wie Boxen, sein. Doch der Fisch stinkt vom Kopf her. Betreiber und Mitarbeiter bewegen sich seit Jahren in einem einschlägigen Milieu: in der Dunkelgrauzone zwischen Fussball, Hooligans, Boxsport, neonazistischer Subkultur und organisierter extremer Rechte. Das wird Einfluss haben auf die angezogene Kundschaft einerseits und auf das Studioklima und im Training vermittelte Werte andererseits. Schlussendlich entsteht hier ein Raum, in dem vor allem junge Männer ihre Schlagkraft trainieren, angeleitet von Männern, die sich zwar nach außen als Profis in Sport und Marketing geben, aber die ihre Freizeit gern mit Neonazis verbringen und im Zweifel ihre Schlagkraft genau hier einsetzen. Dass in diesem Fitnessstudio ein Spieler und Kapitän von Dynamo Dresden mitmischt stellt ein Novum dar. Bisher sorgten vor allem Fans der Sportgemeinschaft und fragwürdige Geschäftsführer für negative Schlagzeilen. Dass nun ein aktiver Spieler eine Geschäftsbeziehung mit einem Fan der Waffen-SS eingeht und zum Team des Fitnessstudios andere Neonazis zählen, dürfte für den Verein zur Unzeit kommen. Immerhin steht der Verein in der Dritten Liga zurzeit gut da und kann solche Nachrichten sicher nicht gebrauchen.

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Budapest: Wandern auf der Fluchtroute der Waffen-SS

Am 9. Februar 2019, fand in Budapest die alljährliche Demonstration „Day of Honour“ („Tag der Ehre“) statt. Dabei gedenken alte und neue Nazis dem letzten Versuch der Waffen-SS aus der Belagerung Budapests durch die Rote Armee zu entkommen. Der Versuch scheiterte und die Einheiten kapitulierten am 13. Februar 1945. Dies hält die europäische Naziszene jedoch nicht davon ab die Opferbereitschaft der Waffen-SS und deren Verbrechen zu glorifizieren. An dem Marsch durch Budapest, den ungarische „Blood & Honour“-Strukturen organisieren, nahmen erneut zahlreiche deutsche Nazis teil – darunter einige aus Dresden und Umgebung.

Bereits am Vorabend soll die Dresdner Naziband „Blutzeugen“ im Rahmen eines Konzertes aufgetreten sein. Die seit 2011 existierende Band liegt bei OPOS Records, einem der wichtigsten Labels für NS Hatecore. Das Label ist heute in Lindenau (Brandenburg) ansässig, zuvor jedoch firmierte es bis 2016 in Dresden-Pieschen. Mitbetreiber Michael „Wüste“ Lorenz spielt in zahlreichen OPOS-Bandprojekten Bass, so auch bei Blutzeugen. Auf ihrem letzten Album, 2014 unter dem programmatischen Titel „Völkisch orthodox“ erschienen, findet sich das Stück „Budapest“, in dem die Ereignisse 44/45 besungen und heroisiert werden.

Michael „Wüste“ Lorenz (Daunenjacke mit Kaputze), Ricardo Gutte (braune Mütze & Sonnenbrille) und Mario Rudolf (Hintergrund mit Scheitel und Blick nach hinten) beim „Day of Honour“ in Budapest. Quelle: Pixelarchiv

Abgeschlossen wird die Glorifizierung des Nationalsozialismus mit dem sogenannten Ausbruch60-Marsch, der seit zehn Jahren von der faschistischen “Aktionsgruppe Börzsöny” organisiert wird. Auch für einige Nazis aus Dresden und Umgebung ist diese Veranstaltung fest im persönlichen Veranstaltungskalender verankert und regelmäßiger Anlaufpunkt.

Ein sehr treuer Teilnehmer des Marsches ist der Dresdner Nazi Sven Hagendorf. Seit 2012 nimmt er fast ausnahmslos in jedem Jahr teil. Dabei trägt er eine Uniform der Waffen-SS und posierte auch schon mit Maschinengewehr oder Stielhandgranate. Hagendorf ist seit den 1990er Jahren in der Dresdner Naziszene aktiv, betrieb die Nazilocations „Klub Thor“ und „Klub 14“. Der 48-Jährige war aktiv bei der JLO, NPD und dem „Nationalen Bündnis Dresden“ und beteiligte sich an verschiedenen Angriffen sowie Veranstaltungsstörungen.

Ebenfalls seit 2012 ist das Gründungsmitglied der „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) Enzo Kleist dabei. Die SSS und Kleist terrorisierten jahrelang nicht-rechte Menschen und People of Color in der Sächsischen Schweiz. Sie wurde im April 2001 als kriminelle Vereinigung verboten, die meisten Kader blieben aber in der Naziszene aktiv. Kleist etwa beteiligte sich in den letzten Jahren immer wieder an verschiedenen Nazidemos in Sachsen, zuletzt bei der Pro Chemnitz-Demonstration am 27. August 2019.

Seit fünf Jahren nimmt Marco Eißler an den Märschen teil. Gemeinsam mit Hagendorf war Eißler an Störversuche bei Veranstaltungen über Nazis in Dresden beteiligt. 2012 wurde er wegen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt (Review #15). Er hatte 2008 einen Fotografen während einer Nazidemonstration angegriffen. 2009 überfiel er zusammen mit Christian Leister und anderen einen Mitarbeiter des Kulturbüros Sachsen. Seit mehreren Jahren wohnt und arbeitet Eißler in der Schweiz, ist jedoch regelmäßig in Dresden und pflegt nach wie vor Kontakte in die Naziszene.

Sven Hagendorf (mit Stabhandgranate) und Marco Eißler (rechts mit Brille) beim „Ausbruch60“-Marsch in Budapest. Quelle: RechercheNetzwerk.Berlin

Aus den Strukturen der ostsächsischen Jungen Nationaldemokraten (JN) waren in diesem Jahr Lucas Hartmann und Julian Menzel beim SS-Revival dabei. Beide sind als Kampfsportler mehrfach bei Turnieren angetreten, zuletzt beim „Kampf der Nibelungen“ im ostsächsischen Ostritz im November 2018. Beide pflegen internationale Kontakte, bspw. nach Italien zur Casa Pound und zu Nazis in Griechenland.

Seit mehreren Jahren ist auch der Pirnaer Nazi Paul Wollberg regelmäßiger Teilnehmer der Märsche. Wollberg beteiligte sich u.a. am Angriff in Connewitz im Januar 2016. Er betreibt in Pirna ein Tattoostudio.

Ihr Debüt in den Reihen des faschistischen Marschs hatten einige rechte Fans von Dynamo Dresden. So nahmen Ferenc Achtnichts, Thomas Kirsch und Felix Wille an dem Marsch teil. Achtnichts und Kirsch gehören zur „Army of Dresden West“ einer rechten Fangruppierung, die sich aus der Gruppe „Faust des Ostens“ herauskristallisierte. Alle drei waren, wie auch Wollberg, am 1. September 2017 an den rassistischen Ausschreitungen beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Tschechien in Prag beteiligt. Kirsch arbeitete im Spätsommer 2015 als Security an der Erstaufnahmeeinrichtung in Heidenau. Konditionell ist die Gruppe allerdings nicht auf der Höhe: Weder Achtnichts, noch Kirsch konnten die 60km-Wanderung erfolgreich beenden. Sie blieben wie zahlreiche ihrer historischen Vorbilder auf der Strecke.

Aus Bautzen findet sich Felix Zieba unter den Ausbruch60-Teilnehmenden. Zieba gehört zum Umfeld der „SGD Supporters Bautzen“ und ist Mitglied des Bautzner Boxvereins SV Post Germania. Für den Verein boxte er am 18. November 2017 im Rahmen der Boxnacht. Eine Woche nach seiner Teilnahme in Budapest nahm Zieba am Nazitrauermarsch in Dresden teil.

Felix Wille (Mütze mit gelben Motiv), Thomas Kirsch (links dahiner) und Felix Zieba (vorne rechts ohne Mütze). Quelle: Pixelarchiv

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Budapest: "Day of Honour" 2019. Quelle: JDFAMichael Lorenz, Mario Rudolf und Ricardo Gutte beim "Day of Honour" in Budapest. Quelle: PixelarchivSven Hagendorf (mit Stabhandgranate) und Marco Eißler (rechts mit Brille) beim "Ausbruch60"-Marsch in Budapest.

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