#denkst

Dirk Bachhausendirk@www.bachhausen.de
2025-02-03

Das Gedankenexperiment: Wie denkst du über Tiere?

Neue Erkenntnisse  der Wissenschaft zeigen: Wir unterschätzen Tiere massiv. Viele können mehr, fühlen mehr, ähneln uns mehr als wir bisher dachten. Daher heute mal eine kleine Übung: Wie ist dein Verhältnis zu Tieren? Wie sollten wir mit ihnen umgehen? Schreibe deine Gedanken für dich allein oder mit Freund:innen auf. Einige Anregungen für eure Gedankenspiele haben wir uns überlegt.

Allein in Deutschland leben 34,3 Millionen Haustiere. ​Fleischhaltige Nahrung von Hunden und Katzen verursacht in den USA jährlich etwa 64 Millionen Tonnen CO2₂– das ist vergleichbar mit den Emissionen von 13,6 Millionen Autos. Wärst du bereit, eine Klima-Kompensation für dein Haustier zu zahlen? 

Insekten unterhalten sich mithilfe von Vibrationen.  Auf einer Wiese in Tirol haben Künstler neulich die Sprache von 20 Insektenarten mit einer Soundinstallation wahrnehmbar gemacht. Mit welchem Insekt würdest du dich gerne unterhalten? Und worüber? 

Wie fühlt es sich an, ein Tier zu töten?

Wie viele Bäume müsste man fällen, um den Tod eines Schweins zu rechtfertigen? Wie viele Schweine bräuchte es, um ein Menschenleben aufzuwiegen? Würde sich deine Meinung ändern, wenn es sich um Geier oder Quallen handeln würde?

#denkst #gedankenexperiment #Tiere

Dirk Bachhausendirk@www.bachhausen.de
2025-01-29

Migration: AfD leugnet mehr Deutsche Geschichte, als du denkst

Migration gab es immer schon und wird es auch immer geben. Sie gehört zur Weltgeschichte dazu wie das Amen in der Kirche, auch wenn dir AfD & Co. etwas anderes einreden wollen. Wie es auch der Historiker Jochen Oltmer bezeichnete: Wanderung ist “der Normalfall menschlicher Existenz“. Genauso richtig ist, dass Menschen aus unterschiedlichen Gründen sich entschließen, woanders hinzugehen, sei es aus wirtschaftlichen, sozialen, politischen Motiven, wegen Hunger oder Krieg. Das war auch in Deutschland nicht anders: unsere Vorfahren flohen vor religiöser Verfolgung und Hunger beispielsweise in die USA, manche andere entschieden sich aus wirtschaftlichen Gründen, in Gebiete des heutigen Russlands auszuwandern, wieder andere zog es nach Lateinamerika. Du siehst: Aus genau den vielfältigen Gründen, aus denen heute Menschen zu uns kommen, haben Deutsche in der Vergangenheit ihre Heimat verlassen. 

Haben wir in unserem Alltag, in dem wir uns trotz Putins Krieg in der Ukraine schon so sehr an den Frieden gewöhnt haben, die Geschichte unserer eigenen Vorfahren vergessen? Schauen wir darauf.

Deutsche in den Vereinigten Staaten

Deutsche machten einen bedeutenden Anteil bei Migrationsbewegungen in der Vergangenheit aus. Obwohl Deutschland heutzutage und auch schon seit mindestens Mitte des 20. Jahrhunderts ein Einwanderungsland ist, liegt eine lange Geschichte der deutschen Auswanderung zurück, die viele heutzutage nicht mehr auf dem Schirm haben. Blicken wir zunächst auf die deutsche Auswanderung in die USA. Von 1816 bis 1914 wanderten 5,5 Millionen Deutsche in die USA aus. Ende des 19. Jahrhunderts machten die Deutschen sogar die größte ausländische Bevölkerungsgruppe in den USA aus. 

“Deutschland” ist hier jeweils innerhalb der historischen Landesgrenzen gemeint: entweder der Deutsche Bund vor 1871 oder das Deutsche Kaiserreich zwischen 1871 und 1918. 

Deutsche als “Wirtschaftsflüchtlinge”

Hauptgründe für die Auswanderung der Deutschen waren damals das schnelle Bevölkerungswachstum hierzulande, das zu Armut und Arbeitslosigkeit führte. Die ausgewanderten Deutschen in den USA waren also genau das, was wir heutzutage “Wirtschaftsflüchtlinge” bezeichnen würden – von Rechten ein oftmals despektierlich verwendeter Begriff. Aber auch religiös Verfolgte erhofften sich in den USA mehr Religionsfreiheit und auch persönliche Auswanderungsmotive spielten eine Rolle. Du siehst: Migration ist komplexer, als es dir manche vormachen wollen.

Was vielen Einwanderern in Deutschland immer wieder vorgeworfen wird, haben unsere Vorfahren in den USA par excellence vorgemacht: Sie haben Parallelgesellschaften gebildet. Wie Planet-Wissen schreibt: “Viele bildeten in den ländlichen Gebieten deutsche Gemeinschaften, wo man den gleichen Dialekt sprach und die Orte nach aktuellen deutschen Architekturmoden errichtete. Vielerorts entstand so ein „Little Germany“, und erst die Enkel dieser Einwanderer verstanden sich tatsächlich als Amerikaner.”

Flucht vor Antisemitismus unter dem NS-Regime

Schon Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich das Migrationsszenario in Deutschland im Zuge der Massenindustrialisierung. Arbeitskräfte wurden gebraucht und Deutschland wurde zum Einwanderungsland. Im Ersten Weltkrieg wurden noch mehr ausländische Arbeiter angeworben, auch viele Kriegsgefangene wurden zur Arbeit in Deutschland gezwungen.

Im Zuge der weiteren Verstärkung antisemitischer Pogrome, offenem Judenhass und Ausgrenzung von Jüdinnen*Juden aus der deutschen Gesellschaft verließen vor und nach 1933 viele von ihnen ihre deutsche Heimat. Bis 1939 waren es 247.000 Menschen, etwa die Hälfte der damals in Deutschland lebenden Jüdinnen*Juden. Jedoch wurde es für diese Flüchtlinge immer schwieriger, ein Aufnahmeland zu finden. Bei einer 1938 stattfindenden Konferenz wollte der damalige US-Präsident die Aufnahme von flüchtenden Jüdinnen*Juden global regeln. Mit Ausnahme der Dominikanischen Republik zeigte sich aber keiner der 32 anwesenden Staaten aufnahmebereit. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise galten Schutzsuchende aus Deutschland als Belastung für die Wirtschaft und für die Sozialsysteme. Klingelt da etwas bei dir? “Belastung für die Sozialsysteme” – jüdische Deutsche wurden in der Vergangenheit aus denselben (teils vorgeschobenen) Gründen bei potenziellen Aufnahmeländern abgelehnt, aus denen heutzutage in Deutschland für weniger Asylzusagen appelliert wird.

Insgesamt vertrieben die Nationalsozialisten rund eine halbe Million Menschen, auch politische Gegner wie Kommunisten. Diejenigen, die nicht fliehen konnten, wurden weiter sozial marginalisiert, entrechtet und schließlich ermordet.

Faktencheck: Die Zerstörung vom „Die Nazis waren links!“-Bullshit

Die Geschichte der Russlanddeutschen

Du siehst: von der größten Einwanderergruppe in den USA hin zum Einwanderungsland durch Industrialisierung, Zwangsarbeit in den Weltkriegen und Ausgangsort für Flüchtlingsbewegungen durch das Gräuel der Nationalsozialisten – vieles hat sich innerhalb von nicht mal einem Jahrhundert in Deutschland getan. Und dabei haben wir noch nicht einmal eine andere große Auswanderergruppe beleuchtet: die Russlanddeutschen. 

Deutschsprachige Europäer wanderten bereits seit dem 17. Jahrhundert in Richtung des Russischen Kaiserreichs aus. Diese Bewegung verstärkte sich aus wirtschaftlichen und religiösen Gründen ab Ende des 18. Jahrhunderts. Wie Ira Peter, russlanddeutsche Journalistin, Podcasterin und Moderatorin (siehe Anmerkung am Ende des Artikels) dem Volksverpetzer schreibt:

“Einst hatte das zaristische Russland Deutschsprachige aus Mittel- und Westeuropa ins Land gerufen, hatte ihnen Land und Privilegien wie Steuer- und Religionsfreiheit sowie die Befreiung vom Militärdienst geboten. Damit angefangen hatte Zarin Katharina die Große. In ihrem Kolonistenbrief wandte sie sich 1763 an ihre Landsleute. Sie sollten unbewohnte oder dünn besiedelte Gebiete ihres stetig wachsenden Imperiums wie an der Wolga besiedeln und bewirtschaften. Katharinas Enkel, Zar Alexander I, setzte diese sich bewährte Praxis Anfang des 19. Jahrhundert fort. Auch er hatte neu eroberte Gebiete im Südkaukasus und am Schwarzen Meer zu besiedeln. Seinen Lockungen Richtung Osten folgten vor allem Menschen aus Württemberg, die vor Hungersnöten, Kirchenstreitigkeiten und einem despotischen König flohen.”

Wie auch in die USA zog es Deutsche oftmals aus wirtschaftlichen Gründen ins Zarenreich. Die Osteuropa-Expertin Marit Cremer betont: „Was heute abfällig Wirtschaftsflüchtlinge genannt wird, waren Deutsche in ihrer Geschichte auch.” Und auch wie in den USA bildeten Deutsche im Zarenreich Parallelgesellschaften.

Deportationen unter Stalin 

Doch die Privilegien für die Deutschen im Zarenreich hielten nicht für immer an. Schon ab 1871 wurde der Sonderstatus für Deutsche schrittweise abgeschafft. Russischer Nationalismus und Neid auf den wirtschaftlichen Erfolg der Deutschen führten zu Spannungen zwischen der russischen Gesellschaft und den Kolonisten. “Der deutsche Landerwerb und die auffällige Widersetzung gegen die Integration in die russische Gesellschaft wurden angeprangert. Die Versuchung war groß, die Kolonisten als Sündenböcke für ungelöste Probleme der russischen Agrarpolitik darzustellen und so die sozialen Spannungen auf dem Land auf den Kampf gegen den ‚nationalen Feind‘ abzuleiten”, wie das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte schreibt. Auch hier lässt sich eine interessante Parallele zum heutigen Umgang mit Migration schlagen. Heute wie damals werden Migranten gerne als Sündenböcke für nationale Probleme angesehen. 

Ira Peter beschreibt ihre Einordnung in Bezug auf das Zusammenleben so:

“Aus den Erzählungen in meiner Familie habe ich den Eindruck, dass die Menschen – egal welcher Ethnie und Religion zugehörig – recht gut miteinander auskamen, bis die Sowjetunion und vor allem der Krieg gegen Hitlerdeutschland vieles zu den Beziehungen zu Deutschen zerstörte.” 

Während des Zweiten Weltkriegs setzten sowohl Hitler als auch Stalin Vertreibungen und Deportationen durch. Die Nazis besiedelten die eroberten Gebiete im heutigen Polen etwa mit Deutschen und vertrieben die einheimische Bevölkerung. Gleichzeitig deportierte Stalin im Zuge des Zweiten Weltkriegs etwa eine Million Deutschstämmige nach Zentralasien und Sibirien. In Ira Peters Worten:

“Die Menschen wurden enteignet, viele starben während der Deportation, später in den Arbeitslagern und Sondersiedlungen für Deutsche. Die zerstreute Neuansiedlung leitete auch das Sterben der deutschen Kultur ein. Bis zur Ausreise ab Ende der  1980er blieben Deutsche in der Sowjetunion Menschen zweiter Klasse, weil es strukturell und im Alltag Diskriminierung gegen sie gab.” 

Was können wir von der Geschichte der Russlanddeutschen lernen?

Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs und Stalins Tod 1953 durften Russlanddeutsche lange nicht in ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete in der Ukraine etwa zurückkehren. Eine Auswanderung nach Deutschland gelang den wenigsten. Erst Gorbatschows Politik gab  Deutschstämmigen die Möglichkeiten auszuwandern und in Deutschland als (Spät-)Aussiedler anerkannt zu werden.

Die Geschichte der Russlanddeutschen ist komplex und von Vertreibung, neuem Ankommen oder Zurückkommen in Deutschland geprägt. Gleichzeitig wissen viele in Deutschland nichts oder wenig über die Existenz von Russlanddeutschen. Dies zu ändern, daran wirkt Ira Peter mit, die für den Volksverpetzer beschreibt, was wir in einer postmigrantischen Gesellschaft wie der deutschen brauchen, um ein gutes Miteinander zu schaffen. Sie sagt:

“Es braucht Begegnungen. Nur wenn die Aufnahmegesellschaft versteht, dass Geflüchtete ebenso Menschen sind mit Eltern, Kindern, Traumata, Hoffnungen und Ängsten, kann gegenseitiges Verständnis wachsen, kann Annährung und ein Miteinander entstehen. Dafür ist auch Empathie nötig. Die wiederum treiben rechte Akteure Deutschland mit aller Gewalt aus. Geflüchtete verschmelzen in ihren Erzählungen zu einer fremdartigen, gefährlichen Masse, in der das Individuum nicht existiert – diese Entmenschlichung ist typisch für diktatorische Regime. Rechte schaffen kollektive Feindbilder, schüren Angst und Hass, was wiederum zu Ausgrenzung von Menschen mit Migrationsgeschichte und Gewalt führt. 

Wir müssen weiterhin das Individuum erkennen und uns für die einzelnen mitgebrachten Geschichten der Menschen interessieren. Das gilt auch in die andere Richtung. Zugezogene sind ebenso gefordert, sich der aufnehmenden Gesellschaft gegenüber zu öffnen, ihre Kultur zu respektieren, auch die Ängste bestimmter Menschen anzuerkennen – dieses gegenseitige Verstehenwollen und Respektieren ist essenziell für eine postmigrantische Gesellschaft wie Deutschland.”

Wie steht es um Russlanddeutsche heutzutage?

Das Individuum nicht vergessen, Begegnungen schaffen, Empathie mitbringen und sich verstehen wollen – diese Werte brauchen wir schon immer, aber gerade jetzt noch viel mehr. Viele Nachfahren von Aussiedlern und Spätaussiedlern beschäftigen sich heutzutage mit ihrer Familiengeschichte und wollen mehr Bewusstsein für diesen Teil der deutschen Auswanderungsgeschichte schaffen. 

Oftmals steht im Zentrum die Frage der eigenen Identität. Wurde man noch in Russland als “deutsch” angesehen, kippte die Außenwahrnehmung nach der Rückkehr nach Deutschland in “russisch” um. Dabei ist doch für ein gelungenes gesellschaftliches Zusammenleben vor allem ein “Zusammen” wichtig, nicht ein “wir” gegen “die”. 

Deutsche Migration nach Lateinamerika

Kommen wir zum Abschluss noch einmal zurück auf die Überseemigration. Du erinnerst dich: Die USA war vor allem im 19. Jahrhundert ein sehr beliebtes Auswanderungsziel. Ab den 1920 Jahren wurden aber auch einige lateinamerikanische Länder, darunter Brasilien, Argentinien oder Chile, beliebte Einwanderungsländer. Interessant ist, dass zehn Prozent aller Brasilianer:innen deutsche Vorfahren haben. Auch nach Lateinamerika wanderten die Deutschen aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen aus, waren also “Wirtschaftsflüchtlinge”. 

Auch in Chile beispielsweise blieben die Deutschen lieber unter sich und gründeten ihre eigenen Siedlungen – Stichwort Parallelgesellschaften.

Was allerdings nicht vergessen werden darf: Nicht nur Deutsche mit redlichen Absichten verließen ihre Heimat. So kam beispielsweise der Rassist Bernhard Förster nach Paraguay und gründete dort eine “arische” Siedlung. Auch Nazis fanden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Lateinamerika Unterschlupf, beispielsweise in Argentinien. Traurige Bekanntheit erlangte auch die colonia dignidad in Chile, eine Sekte gegründet in den 1960er Jahren von dem deutschen pädophilen Laienprediger Paul Schäfer, ein Unterdrückungsapparat mit Sklavenarbeit, Misshandlungen und systematischem sexuellem Missbrauch Minderjähriger. Auch die Gräueltaten der deutschen Kolonialmacht in Afrika finden bis heute nicht den Platz im öffentlichen Diskurs, den sie eigentlich einnehmen sollten. 

Fazit:

Deutsche emigrierten über die Jahrhunderte aus den verschiedensten Gründen, seien es wirtschaftliche, soziale, politische, religiöse oder andere. Also genau aus den Gründen, aus denen auch heutzutage Menschen nach Deutschland kommen. Auch Deutsche wurden in den jeweiligen Zielländern teilweise diskriminiert. Sie bildeten oftmals Parallelgesellschaften, haben sich nicht integriert, waren “Wirtschaftsflüchtlinge”. 

Migration ist in der Weltgeschichte der Norm- und nicht der Ausnahmefall. Eben deswegen und im Hinblick auf die Auswanderungsgeschichte unserer eigenen Vorfahren brauchen wir in unserer Gesellschaft mehr Bewusstsein und Empathie für die Geschichten derjenigen, die zu uns kommen. Auch in der eigenen Familiengeschichte zu wühlen und vielleicht Neues zu entdecken, kann dabei helfen. Um mit den Worten von Ira Peter zu schließen:

“Jeder hat in seiner Familie eine Migrationsgeschichte. Viele wissen es nur nicht oder wissen wenig darüber, weil Migration oft mit Verlust, manchmal auch mit Verfolgung und Tod verbunden ist – meist mit sozialem Abstieg und dem Gefühl, fremd und minderwertig zu sein. Wenn wir alle unsere Geschichten kennen würden, wäre unser Blick auf Menschen, die heute flüchten müssen, vielleicht ein anderer. Ich glaube, wenn es hier Vorbilder gibt, die öffentlich über ihre Migrationsgeschichten erzählen, könnte das positiv in unsere Gesellschaft hineinwirken.”

Anmerkungen

Ira Peter, in der Sowjetrepublik Kasachstan geboren und seit 1992 in Deutschland lebend, arbeitet als freie Journalistin unter anderem für Zeit online, taz, FAZ, Frankfurter Rundschau und SWR Radio. Seit 2017 setzt sie sich öffentlich – in journalistischen Beiträgen, im Aussiedler-Podcast Steppenkinder und als Rednerin bei Veranstaltungen – mit russlanddeutschen Themen auseinander. 2022 wurde sie für ihre Arbeit als Stadtschreiberin in Odessa mit dem Goldenen Blogger Award ausgezeichnet. Im März 2025 erscheint ihr Buch „Deutsch genug? Warum wir endlich über Russlanddeutsche sprechen müssen“ (Goldmann Verlag).

Vielen Dank, Ira, für Deine wertvollen Beiträge zu diesem Artikel!

Titelbild: Canva

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#denkst #deutsche #geschichte #leugnet #migration

Dirk Bachhausendirk@www.bachhausen.de
2025-01-16

Das Windräder-Geschwurbel von Weidel ist noch peinlicher als du denkst

Nein, kein Urwald wird für Windräder abgebaut. Und ja, die AfD hatte wirklich angekündigt, alle Windräder in Deutschland abzureißen. Und die AfD fordert, hunderte Hektar Wald abzuholzen. Die AfD will Windräder und unsere Wälder dezimieren. So tief geht der Betrug der rechtsextremen Partei.

Alice Weidel sagte wörtlich auf dem Bundesparteitag der rechtsextremen AfD in Riesa: „Und ich kann ihnen sagen, wenn wir am Ruder sind, reißen wir alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande.“ Auch Björn Höcke pflichtet ihr bei: „Wenn wir die Regierungsverantwortung in Deutschland haben, dann werden wir die Windindustrieanlagen in Deutschland zurückbauen, und zwar rechtsstaatskonform, aber komplett“. Windkraft ist für 31 % der deutschen Stromversorgung verantwortlich. Es sollen laut AfD also Enteignungen genutzt werden, die dann für Blackouts und hohe Energiepreise sorgen. 

Alice Weidel will alle Windräder abreißen, sagt sie. Windkraft deckt ein Drittel unseres Strombedarfs. Denkt die AfD, der Strom kommt aus der Steckdose oder was? Oder werden wir so viel weniger Strom brauchen, weil Millionen Menschen vertrieben wurden & die Wirtschaft nach dem Dexit ruiniert wurde?

Der Volksverpetzer (@volksverpetzer.de) 2025-01-11T15:10:26.570Z

Windkraft deckt ein Drittel unseres Strombedarfs. Alice Weidel möchte laut ihrer Rede auf dem Bundesparteitag alle Windräder abreißen. Diese AfD ist in Wahrheit die Partei, die Blackouts, hohe Strompreise und Deindustrialisierung bringt.

Der Volksverpetzer (@volksverpetzer.de) 2025-01-11T15:01:21.653Z

Als ihr nach viel Spott klar wurde, wie absurd diese Forderung war, ruderte Weidel jedoch zurück und meinte, sie wolle nur die Windräder im Reinhardswald abreißen. Dort stehen allerdings noch keine Windräder. Aber die Desinformation und die Ahnungslosigkeit der AfD gehen noch tiefer. Alle Level der Peinlichkeit:

Der Urwald im grimmschen Märchenwald wird gar nicht gefällt

Hier auf dieser Karte sieht man den Standort von Windrädern im Reinhardswald. Unten links ist der Urwald. Man sieht: Es gibt im eigentlichen Urwald gar keine Windräder.

Dazu schreibt der Naturschutz-Verein BUND: „Im Reinhardswald werden die genehmigten Anlagen auf überwiegend vorgeschädigten und kahlen Flächen gebaut, es müssen 260 Laubbäume gefällt werden.“ 90 % der Fläche seien vertrocknete Fichtenwälder. Zum Ausgleich werden 16.250 Bäume an anderer Stelle aufgeforstet

Rechtspopulistische Medien wie z.B. die Fake-News-Schleuder NZZ nutzen hier völlig irreführende Bilder: 

Das Bild stammt aus dem Urwald Sababurg, der nicht mal angetastet wird für Windkraft. Auch die AfD NRW spricht vom „Urwald“, der aber ja gar nicht abgeholzt wird.

Aus diesen Gründen unterstützen sowohl BUND als auch NABU die Windkraftanlagen im Reinhardswald. 

AfD hasst unsere Natur

Die AfD inszeniert sich also perfide als große Unterstützerin für Wald. Doch Wald interessiert sie in Wahrheit kein bisschen, es ist einfach alles bei den Rechtsextremen gelogen: Die AfD Sachsen unterstützt zum Beispiel den Ausbau der Bundesstraße 177 in der Nähe von Dresden, die ein „sensibles Gebiet“ mit vom Aussterben bedrohten Arten durchschneidet.

Die AfD Hessen unterstützt die Rodung von 85 Hektar Wald, um die A49 auszubauen. Die AfD fragt sich sogar, warum nicht mehr der Gegner dieses Projekts von der Justiz verfolgt werden. Sie unterstützt auch den Ausbau der A5, die 100 Hektar Wald kosten wird. 

Die AfD Schleswig-Holstein und Hamburg setzen sich für den Weiterbau der A20 ein, die einen Flächenverbrauch von 4000 Hektar hat. 

Die AfD entdeckt also nur dann den Wald für sich, wenn es darum geht, dass Deutschland eventuell seine Energieproduktion souverän umbaut – und Alternativen schafft zu Energieimporten von Putin.

Windenergie ist sogar fürs Klima besser als Wald

Selbst wenn aber für Windräder komplett intakter Wald gerodet würde, und es keine Ausgleichsflächen gäbe, wäre die Klimabilanz von Windrädern positiv. Ein Windrad vermeidet etwa 1000-mal mehr CO₂ auf derselben Fläche als ein Wald bindet. Und der Wald leidet nun mal enorm unter den Folgen des Klimawandels. Den die ahnungslosen Rechtsextremisten von der AfD leugnen.

Diese Rechnung zum Einheitsbuddeln zeigt: So krass leben wir über unsere Verhältnisse

Windräder sind also gut fürs Klima. Das hält AfDler nicht davon ab, das Gegenteil zu behaupten, was wir hier widerlegt haben: 

Skandal: Windräder beeinflussen das Klima!! (sie verlangsamen Klimakrise)

Windkraft ist mit die günstigste Energiequelle

Und nicht nur das: Wenn wir die Windräder abreißen, wie die Rechtsextremisten fantasieren, wird unser Strom viel teurer. Laut dem Fraunhofer-Institut ist Windkraft die günstigste Energiequelle im Jahr 2024. Ein vielfaches günstiger als Kohlekraftwerke, die laut dem Parteitag der AfD tatsächlich erhalten werden sollten. 

Und die Pläne der AfD würden die deutsche Energiesicherheit gefährden und Blackouts wahrscheinlicher machen – genau das, vor dem die AfD warnt! Erneuerbare Energien machen laut einer renommierten Studie die Netzwerke nämlich sicherer. Und nicht nur das: Erneuerbare Energie, in Deutschland produziert, macht uns auch weniger abhängig von Importen aus dem Ausland! Wir importieren 98 % unseres Erdöls, 95 % des benötigten Erdgases und 100 % der Steinkohle – bei Stromimporten schieben die Rechten jedoch Panik.

Wenn du denkst, Stromimporte seien ein Problem, bist du manipuliert worden

An manchen Standorten muss sorgfältig abgewogen werden, ob Windkraft dort Sinn macht. Bedenken von Anwohnern werden am besten begegnet, wenn sie sich an den Anlagen beteiligen können. Viele Argumente sind aber nur vorgeschoben.

Anti-Windkraft-Aktion scheitert an zu viel Wind

Die AfD lügt auf allen Ebenen und entlarvt sich als scheinheilige „Waldretterin“. Sie warnt vor Abhängigkeit, hoher Energiepreisung, Blackout-Gefahr und Waldrodung – all das würde sie aber erst selbst verursachen. Wer Windräder abreißen, stattdessen Kohle und Gas behalten und massenhaft Wald für Straßen fällen will, gefährdet unsere Energieversorgung, treibt die Kosten hoch und macht uns weiter abhängig von ausländischer Energie. Damit verrät die AfD ihre eigene Ahnungslosigkeit und heuchelnde Propaganda. Wirklich alles will daran diese Partei schlechter machen, Und verkauft sich als Problemlösung. Das ist die zentrale Lüge dieser Partei.

Artikelbild: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++, canva.com

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#denkst #geschwurbel #peinlicher #weidel #windrader

Dirk Bachhausendirk@www.bachhausen.de
2025-01-16

Wenn du denkst, Stromimporte seien ein Problem, bist du manipuliert worden

Wir importieren STÄNDIG Strom. Jedes Jahr, jeden Monat, ja sogar jeden Tag. Nach dem Abschalten der AKW 2011 und 2021 exportierten wir MEHR Strom als davor. Und wir importieren fast alles an Gas, Öl und Steinkohle. Aber wenn wir einen kleinen Teil mehr Strom importieren als exportieren inszenieren BILD, Spahn & Co. einen Skandal.

Leute, ihr müsst jetzt ganz tapfer sein! Viele wissen es schon, aber jenen von euch, die zu seriöse Zeitungen lesen und nur selten auf Facebook unterwegs sind, könnte eine schockierende Nachricht entgangen sein: Deutschland hat letztes Jahr … Es hat … ES HAT STROM IMPORTIERT! *Düsteres Donnergrollen*.

Wir importieren ständig Strom. Schon immer. War nie ein Problem

Ja, das ist bitter. Holt euch gerne einen Anti-Stress-Ball, einen Baldrian-Tee oder harte Drogen, wenn euch die Nachricht sonst zu sehr mitnimmt. Strom. Importiert. Einfach so! Ich verlinke euch weiter unten eine Spotify-Playlist mit beruhigenden Regengeräuschen, Vogelgezwitscher und Wellenrauschen, damit könnt ihr den ersten Schock überwinden.

Sollte das alles nicht helfen, könnten diese Fakten vielleicht helfen, die Nichtigkeit dieser Nachricht korrekt innerhalb einer Neuigkeitswert-Skala auf minus zehn einordnen:

Wir importieren STÄNDIG Strom. Jedes Jahr, jeden Monat, ja sogar jeden Tag. Sogar an Tagen wie dem 13.10.2024, an denen die erneuerbaren Kraftwerke allein mehr Strom erzeugen als Deutschland insgesamt verbraucht und wir Rekordmengen ins Ausland exportieren, importieren wir gleichzeitig in jeder Stunde Strom. Wir machten das mit Atomkraftwerken und ohne, an trüben Tagen und an sonnigen, im Sommer mehr, in Winter weniger.

Stromimporte nach Deutschland am 13.10.2024 (Quelle Bundesnetzagentur)

Wie BILD, Spahn & Co. euch belügen

Wenn die Bildzeitung es ehrlich damit meinen würde, wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen in der Redaktion auf- und abzurennen, sobald eine Kilowattstunde über die Grenze fließt, müssten die seit 1958 in Alarmbereitschaft sein. In diesem Jahr wurden die ersten deutschen Hochspannungsleitungen mit Frankreich und der Schweiz zusammengeschlossen, sodass wir mit unseren Nachbarländern Strom tauschen können. Ziel dieser Übung war, dass Deutschland Strom importieren und exportieren kann.

Natürlich mein die BILD es nicht ehrlich, denn die gespielte Aufregung wird erst vorgetragen, seit die letzten Atomkraftwerke vom Netz genommen wurden und Jens Spahn regelmäßig vergisst, im Juni 2011 selbst für diese Abschaltung votiert zu haben. Nach dem Reaktorunglück von Fukushima gingen unsere Importe von 2010 auf 2011 übrigens auch schon mal hoch. Reaktion bei der BILD: Grillenzirpen, Gähnen, eine Wüstenhexe rollt vorbei. Ob das was damit zu tun, dass es damals nicht Robert Habeck war, der sie abgeschaltet hat?

„Strombettler“-Lügen

Wie auch immer: Stromimporte sind absolut alltäglich. Womit das Jahr 2024 heraussticht, ist, dass wir verglichen mit den früheren Jahren klar mehr importiert als exportiert haben. Aber auch das ist so schlecht als Aufreger geeignet wie die Nachricht, dass wir mehr Tomaten, Pflanzenöl oder Klamotten importiert haben.

Die mitschwingende Idee ist bei diesen „Hilfe, der Stromimport macht mich ganz traurig“-Meldungen ja, dass Deutschland deswegen angeblich schwach ist, während ein starkes, stolzes Land es gar nicht nötig hätte, etwas zu importieren. Vermutlich auch daher die Wortschöpfung „Strombettler“, mit der Bild und Jens Spahn gerne Deutschland-Bashing betreiben.

BILD lügt: „Strombettler“, weil wir mehr Strom exportiert haben?!

Der Witz ist: Wenn wir es unbedingt wollten, könnten wir auch den deutschen Bedarf nach Tomaten und Klamotten ganz allein mit nationalen Mitteln decken. Der Grund, dass wir das nicht tun, ist, dass Tomaten und Klamotten aus dem Ausland viel billiger sind. Aber das war nicht immer so, wir haben früher auch den Großteil unserer Kleidung selbst hergestellt.

Als wir 2011 8 AKW abstellten, exportierten wir danach MEHR Strom

Ich bekomme viele Direktnachrichten mit Bildern des Importsaldos der einzelnen Jahre zugeschickt. Saldo bedeutet hier Import minus Export. Ein positiver Wert heißt, wir haben mehr importiert als exportiert, ein negativer Wert das Gegenteil. Das sieht für 2002 bis 2024 so aus:

Ja, am Strommarkt hat sich in den letzten Jahren offensichtlich etwas verändert, aber die Idee, das läge nur an den Anfang 2023 stillgelegten Atomkraftwerken (3 Stück), passt nicht zu diesen Zahlen: Wir haben 2011 ja noch viel mehr Atomkraftwerke abgestellt, 8 auf einmal, woraufhin sich keine so große Veränderung eingestellt hat.

Noch eindeutiger: Ende 2021 haben wir ebenfalls 3 Atomreaktoren abgestellt und unsere Stromexporte STIEGEN im darauffolgenden Jahr deutlich an (das lag auch an der schwächelnden französischen Atomflotte). Die allzu simple Logik weniger Atomkraft –> mehr Stromimporte scheint also nicht aufzugehen.

Sollten euch diese violetten Balken dennoch beunruhigen: Sie sind ein kleiner Teil unseres gesamten Stromverbrauchs. Hier seht ihr unseren kompletten Stromverbrauch, und auch hier sind unsere Exporte bzw. Importe violett ganz unten eingezeichnet:

Ja, das ist also kein Grund, wie die Bild-Zeitung einen ausgeflippter-Hühnerhaufen-Nachahmungswettbewerb auszurufen, denn selbst im Rekordjahr 2024 waren das gerade mal 5,7 PROZENT unseres Stromverbrauchs.

Wir importieren fast alles an Öl, Gas und Steinkohle

Auch der Vergleich mit anderen Größen lädt nicht gerade zur Eskalation ein, unsere Stromimporte machen …

Sie sind kein auch besonders hoher Anteil im Vergleich zur Importquote anderer Länder (Italien importiert 19 Prozent seines Stroms, Luxemburg 75 Prozent, das Vereinigte Königreich 14 Prozent). Gänzlich absurd wird die ganze Nummer, wenn wir das mit unseren Anteilen bei den fossilen Rohstoffen vergleichen. Wir importieren

Das ist dann übrigens wirklich ein Problem, denn die Regierungen der größten Ölförderländer der Welt (USA, Saudi-Arabien, Russland) finden in unserer liberalen Demokratie immer weniger Gefallen, ihnen wollen wir nicht wirklich ausgeliefert sein.

Quelle: Tim Meyer

Es gibt auch Menschen, die sich nicht wegen der Importe selbst sorgen, sondern weil sie es als Anzeichen dafür sehen, dass unsere Versorgung nicht sicher sei. Hierfür sind Importe allein aber kein guter Indikator, denn wir importieren dann Strom, wenn das günstiger ist, als ihn selbst herzustellen.

Wir bräuchten keine Stromimporte. Dann wäre aber unser Strom teurer

Auch an einem Tag ganz ohne Strom aus Wind und Solarkraft haben wir genug Kraftwerke im Land, die unabhängig vom Wetter laufen (Wasser, Biomasse, Kohle, Gas, Öl, Müllverbrennung), um damit den deutschen Bedarf zu decken. Es ist nur so: Um das ganz allein zu machen, muss mittlerweile eine ganze Reihe Gaskraft zugeschaltet werden und das ist die teuerste Stromart. Es ist also kein „teurer“ Rekord, wie die Bild behauptet, sondern günstiger für uns alle.

Wenn dieser Strom 11 Cent pro Kilowattstunde kostet (Näherung) und gleichzeitig französischer Atomstrom für (auf dem Papier) nur 6 Cent / Kilowattstunde auf dem Markt ist, dann kaufen wir den natürlich. Ich schreibe „auf dem Papier“, weil für den Erhalt dieses französischen Strompreises zuletzt dutzende Milliarden Steuergelder zugeschossen wurden. Aus deutscher Sicht machen die Französinnen uns mit ihrem Steuergeld also den Strom etwas günstiger – eigentlich eher aus französischer Sicht ein Grund, sich zu ärgern.

Weniger Stromimporte hätten sich gar nicht gelohnt

Wieso sollten wir extra ein Steinkohlekraftwerk hochfahren, wenn wir stattdessen auch feinsten Strom mit Baguette-Aroma einkaufen können? Und glaubt mir, das wäre absolut eine Option gewesen. Beziehungsweise, glaubt nicht mir, glaubt den Zahlen: Die deutschen Steinkohlekraftwerke haben sich 2024 unfassbar gelangweilt, sie liefen nur zu gerade mal 15 Prozent der Zeit. Wir hätten die auch auf 90 % fahren können (100 % geht in der Praxis nicht wegen Wartungen und Reparaturen) und die daraus entstehenden zusätzlichen 125 Terawattstunden Kohlestrom nach ganz Europa exportieren können. Damit hätten wir einen krassen Rekordwert für den Export erreicht, doppelt so viel wie der bisherige Rekord von 2017. Es hätte sich nur schlicht überhaupt nicht gelohnt, das zu tun.

Ihr könnte als gerne hinterfragen, ob wir unsere Marktgesetze generell etwas anpassen sollten (dazu gibt es Pläne) und ob es gar nicht so gut ist, wenn unser eigener Strom so teuer ist, dass wir immer öfter welchen importieren (looking at you, Altmaier-Delle). Aber darum geht es den Leuten, die Deutschland als Strombettler beschimpfen, ja nicht. Die behaupten, Importe seien per se schlecht, sie seien ein Zeichen dafür, dass wir vom Ausland abhängig seien und sie seien „teuer“. Das ist einfach ausgemachter Humbug. Oder eine kalkulierte Lüge.

Sind wir nicht. Es ist so nur einfach günstiger für uns.

Dieser Artikel erschien zuerst bei graslutscher.de. Artikelbild: Sebastian Willnow/dpa

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#denkst #manipuliert #problem #seien #stromimporte #worden

Dirk Bachhausendirk@www.bachhausen.de
2024-05-25

Die CDU blamiert sich mit einer Umfrage, die nicht nur gewaltig nach hinten losgeht – sondern auch mit einer Forderung, die schon längst Realität ist gegen ein Verbot, das mal wieder gar nicht existiert. Und gegen ein Gesetz, das ihre eigene Spitzenkandidatin initiiert hatte. Und der wahre Grund, warum sie das macht, ist auch noch ein Reinfall. Der postfaktische Wahlkampf-Fail der CDU, gründlich analysiert.

Vier (!) Ebenen der Desinformation

Die Union hat eine populistische Kampagne für den Wahlkampf für den „Verbrenner“ gestartet. Kurz vor der Europawahl macht sie Stimmung für fossile Motorantriebe. Sie inszeniert sich mal wieder als Opposition gegen Klimaschutz. Sie spricht als vermeintliche Alternative zu der derzeitigen EU-Regelung von einer „technologie-offenen Weiterentwicklung“. Dafür hat die Partei eine Aktionsseite mit einer Online-Umfrage gestartet. Vermutlich in der naiven Hoffnung, so vermeintliche Argumente für ihre Position zu erhalten. Solche Online Umfragen sind bekanntermaßen vollkommen wertlos, da jeder mit ein bisschen technischem Sachverstand dort unbegrenzt oft abstimmen kann, wie ich schon mehrfach erklärt habe. Repräsentativ sind solche Umfragen ohnehin nie.

Die CDU wollte aber unbedingt genau das für diesen PR-Stunt riskieren, hier das für die Union wohl peinliche Ergebnis der Abstimmung (ich hab’s nicht manipuliert!):

Das Ganze ist aber nicht nur aus technischer Sicht ein Flop. Dahinter stecken merkwürdige Desinformations-Argumente der Union. Schauen wir sie uns mal an. 

1. Es gibt kein Verbrenner Verbot

Die ganze Prämisse der Umfrage ist schon falsch. Es gibt nämlich kein „Verbrenner-Verbot“, gegen das die CDU hier eine Stimmung macht, die nach hinten losging. Ab 2035 dürfen keine Autos in der EU neu zugelassen werden, die CO₂ ausstoßen. Das Verbot gilt aber nicht für Gebrauchtwagen. Wer vorher einen alten Verbrenner kauft, kann auch weiter Verbrenner fahren. Es ist außerdem auch „technologie-offen“ und gilt unabhängig von der Antriebsart. Man kann auch nach 2035 einen Verbrenner fahren, wenn der Antrieb klimaneutral ist. Das hatte die FDP extra hinein verhandelt, was die Union jetzt gerade aus reiner Täuschungs-Taktik erneut fordert.

Bis 2050 will die EU klimaneutral sein, da stimmt die Union übrigens auch zu, und das geht nun mal schlicht rein logisch nicht, wenn nach 2035 noch Neuwagen zugelassen werden, die dann jahrelang noch CO₂ herauspusten. Vor dem Bundesverfassungsgericht wurde eben auch entschieden, dass man solche Entscheidungen nicht beliebig in die Zukunft verschieben darf – das würde junge Menschen in ihren Freiheitsrechten verletzten.

Die CDU versucht hier einfach der FDP ihren „Verhandlungs-Erfolg“ zu stehlen und fordert Dinge, die bereits umgesetzt wurden und protestiert gegen Dinge, die nicht existieren. Denn die haben ja bereits in dem Verbrenner-Kompromiss verhandelt, dass auch E-Fuels eine explizit erwähnte Möglichkeit sind, um nach 2035 100 % CO₂-neutral zu werden. Es gibt also bereits jetzt kein Verbrenner-Verbot, sondern Verbrenner mit E-Fuels werden zugelassen. 

E-Fuels sind zwar viel zu teuer für die breite Masse, aber wer es mag, dass das eigene Auto wegen den auch bei E-Fuels existierenden Emissionen in viele europäischen Städte nicht mehr rein darf, für den haben die Verhandler der FDP hier einen Erfolg erzielt.

Die CDU will hier also etwas durchsetzen, das bereits durchgesetzt ist. Und protestiert gegen etwas, das nicht existiert. Postfaktischer Wahlkampf.

2. Das Gesetz geht auf Initiative von der CDU-Spitzenkandidatin zurück

Wir haben also etabliert, dass es kein Verbrenner-Verbot gibt, sondern nur ein Verbot von Neuwagen ab 2035, die mit fossilen Kraftstoffen fahren. Verbrenner mit E-Fuels darf es geben. In ihrem Text schreibt die CDU: „Das von SPD, Grünen und Linken im Europäischen Parlament beschlossene Verbrenner-Verbot muss zurückgenommen werden.“ 

Die CDU will offenbar darüber hinwegtäuschen, dass das Aus für fossile Antriebe auf eine Initiative von Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) zurückgeht. Ihrer eigenen Spitzenkandidatin für die Wahl. Der ganze Gesetzentwurf, gegen den die Union jetzt aus rein wahltaktischen Gründen wettert, geht auf ihre eigene Kandidatin zurück, die das 2021 gefordert hatte.

Von der Leyen sagte wörtlich: „Wir werden dennoch einen zeitlichen Rahmen vorgeben, bis zu dem alle Autos emissionsfrei sein müssen. Sonst fehlt Planungssicherheit und wir werden die Klimaneutralität bis 2050 nicht erreichen.“

Das Gesetz wurde im Europäischen Parlament auch von den meisten Liberalen (RENEW Fraktion) und auch einigen Konservativen unterstützt. Die deutschen Abgeordenten von FDP und CDU stimmten zwar dagegen. Aber das Gesetz hatte auch dank Stimmen aus der europäischen Fraktion der CDU eine komfortable Mehrheit. Hier könnt ihr sehen, wer wie abgestimmt hat.

Tatsächlich ist die Union auch eine der wenigen Konservativen in Europa, die sich nicht zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bekennen. Andere europäische Konservative sind mehrheitlich dafür. Das ist also nicht mal eine typische konservative Position. 

3. E-Fuels sind teuer und werden Nische bleiben

Übrigens: Es stimmt zwar, dass es kein Verbrenner-Verbot gibt, die Ausnahme für E-Fuels wird sich für die meisten ohnehin nicht rentieren. Deshalb ist diese Forderung für „Technologieoffenheit“ nicht nur sinnlos, weil sie bereits existiert, sondern auch, weil kaum jemand etwas davon haben wird.

E-Fuels sind teuer. Sie kosten pro Liter gut 2 € vor Steuern (!). Das ist dreimal so teuer wie Benzin. Für reiche Sammler von Antiquitäten mit veralteter Antriebstechnik wie dem Porsche 911 kann das Sinn machen, für die breite Masse ist es viel zu teuer. Daher muss Finanzminister Lindner auch mit gigantischen Subventionen dein Steuergeld in E-Fuels verbrennen, um zumindest die Illusion von E-Fuels aufrechtzuerhalten. Auch wieder aus reinen PR-Gründen, um sich als Anti-Verbrenner-Verbot zu inszenieren, auch wenn das niemandem etwas bringt. Im Gegenteil, dieses unaufrichtige Hin- und her von Parteien von FDP und Union verunsichert die Autohersteller und schadet der Wirtschaft.

„Wir befinden uns in einer kritischen Situation“, kritisiert ein Auto-Experte laut Merkur. „Einige Hersteller und Zulieferer hätten sich auf das Verbrenner-Aus vorbereitet und bereits größere Investitionen getätigt. Deshalb seien alle Entwicklungen schlecht, welche die Sicherheit diesbezüglich wieder ein Stück weit infrage stellen.“ Unternehmen können nicht planen, wenn die Politik dauernd schwankt in ihren Entscheidungen. Mit der Atomkraft war es übrigens genau das gleiche.

So viel zu der Behauptung der CDU, sie würden damit „das Auto“ oder Deutschland als „Autoland“ sichern. Große europäische Hersteller wie Fiat, VW, oder Volvo sind bald zu 100 % auf E-Autos umgestellt. Denn E-Fuels rentieren sich nicht.

E-Autos fünfmal effizienter als E-Fuels

Wofür steht nochmal das E in „E-Fuels“? Ach ja für „Electro“, also Benzin, das aus Strom erzeugt wird. Durch die vielen Umwandlungsprozesse braucht das aber VIEL MEHR Strom, als den Strom einfach direkt in den Akku zu laden. Allein die Abwärme der Motoren ist viel größer bei „Verbrennern“ (deswegen heißen sie so). Daher sind sie nicht nur viel teurerer, sie haben auch eine wesentlich schlechtere CO₂ Bilanz als E-Autos. 

Der direkte Vergleich zeigt, wie schlecht E-Fuel-Autos funktionieren: Mit derselben Menge an Strom kann man entweder 100 km im E-Auto fahren. Oder man macht aus dem Strom E-Fuels, verbrennt das E-Fuel, um damit Zylinder zu bewegen, und fährt dann mit der Bewegungsenergie 20 km weit. Oder anders gesagt: E-Fuels sind 5-mal so teuer, als den Strom einfach direkt zu laden. 

4. Selbst der wahre Grund für die CDU-Kampagne ist ein Reinfall

Die CDU macht leider mal wieder völlig unehrlichen Wahlkampf. Man macht sinnlose Stimmung gegen ein Gesetz, das die eigene Spitzenkandidatin mit auf den Weg gebracht hat, gegen ein Verbot, das nicht mal existiert und für eine Forderung, die schon längst Realität ist, aber die nicht einmal irgendwem etwas bringt. Das ist Wahlkampf, der von vorne bis hinten unehrlich ist, das ist purer, kontraproduktiver Populismus, auf den möglichst viele Menschen hereinfallen sollen.

Denn: Die Union will mit ihrer Kampagne vermutlich nicht wirklich etwas ändern. Wie gesagt: Es ist bereits alles Realität, was die Union fordert. Sie will ja auch die Klimaneutralität. Und das ist der Weg, da hinzukommen. Da sie Sachen fordert, die es bereits gibt, gibt sie ja buchstäblich zu, dass sie das auch für den richtigen Weg hält. Die Union möchte sich als rechte Opposition inszenieren, ohne irgendetwas zu verändern.

Es geht vielmehr darum, den Rechten noch ein paar Argumente zu nehmen, die zu Recht darauf hinweisen, damit diese eher CDU statt AfD wählen. Ob dafür Desinformation aber der richtige Weg ist, darf stark bezweifelt werden. Studien zeigen, dass das keine Wähler zurückholt, aber die Forderungen der Rechten stärkt. Mit dieser Verbrenner-Kampagne versagt die Union also wirklich auf allen Ebenen.

Studie: CDU-Annäherung stärkt die AfD, Merz-Strategie gescheitert

Es ist schade, weil gerade u.a. die CDU sich auf einen Kodex für faire Wahlkämpfe geeinigt hat, in dem unter anderem von Desinformation abgesehen werden soll. Die Union scheint sich direkt nicht daran halten zu wollen. Schade.

Mehr Fun E-Auto-Fakten!

Hier noch ein paar mehr Fakten über E-Autos, damit ihr noch mehr lernt und weniger auf populistische Desinformationskampagnen hereinfallt:

Die Preise für Akkus sind nach einer kurzen Pause wieder drastisch im Fallen. Bloomberg berichtet von Reduktionen um 15 % – in nur einem einzigen Jahr. Die EU hat strenge Werte für das Recycling von E-Auto Batterien erlassen, was wiederum perspektivisch die Abhängigkeit von China senken wird. Bereits mit heutigen Verfahren ist es möglich, 95 % der Materialien zu recyclen. 

Rechnet man die geringeren Betriebskosten bei E-Autos rein, sind sie heute bereits wirtschaftlich kompetitiv zu fossilen Antrieben. In den nächsten Jahren werden die Spritkosten sowieso drastisch durch den Emissionshandel steigen – den übrigens ebenfalls CDU und FDP unterstützen. 

Ab 2027 sind E-Autos dann sogar in der Herstellung billiger als Fossile. Und wir reden hier über ein Aus von fossilen Motoren bis erst 2035. Wer wird in 11 Jahren noch Verbrenner wollen?

Artikelbild: Screenshot https://aktion.cdu.de/ja-zum-auto

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https://www.bachhausen.de/die-verbrenner-fake-kampagne-der-cdu-geht-krasser-nach-hinten-los-als-du-denkst/

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2024-04-24

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