Angriff auf Demokratiefest in Bad Freienwalde â vermummte Jungnazis?
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Angriff auf Demokratiefest in Bad Freienwalde â vermummte Jungnazis?
von Gastbeitrag | Juni 17, 2025 | Aktuelles
Dieser Beitrag von Kira Ayyadi erschien zuerst bei Belltower News.
Mit Holzlatten und anderen SchlaggegenstĂ€nden haben mutmaĂlich Jungnazis ein Fest fĂŒr Vielfalt im brandenburgischen Bad Freienwalde angegriffen. Antifaschistische Recherche vermutet die TĂ€ter aus dem Umfeld der neofaschistischen Partei âDer III. Wegâ, die seit Jahren um junge Mitglieder wirbt.
Am Sonntag gegen 11:50 Uhr griff eine Gruppe Vermummter mit Schlagwerkzeugen ein StraĂenfest in Bad Freienwalde an, kurz bevor die Veranstaltung offiziell begann. Rund 50 bereits Anwesende â darunter Familien mit Kindern â wollten ein buntes Fest mit KuchenstĂ€nden, Graffiti-Workshops und Kinderschminken feiern, veranstaltet vom BĂŒndnis âBad Freienwalde ist buntâ. Das Fest sollte ein klares Zeichen gegen Queerfeindlichkeit, Hass und den Rechtsruck setzen. Das BĂŒndnis wurde im Jahr 2021 ins Leben gerufen. Am Sonntag fand das Fest bereits zum fĂŒnften Mal statt. Mit dabei waren unter anderem die Omas gegen Rechts, der VVN-BdA, das Bertolt-Brecht-Gymnasium vor Ort, die Stephanus-Stiftung, das Jugendtheater Theater am Rand sowie weitere engagierte Gruppen.
In einem Video des RBB ist zu sehen, wie einer der Angreifer mit Trainingshose und Sturmhaube einem Mann mit der Faust heftig ins Gesicht schlĂ€gt. Die TĂ€ter attackierten laut Zeug*innen mehrere Teilnehmende, die sich fĂŒr die Sichtbarkeit queerer Lebensweisen einsetzen und gegen Rechtsextremismus in Brandenburg mobilisieren.
Die Polizei spricht spĂ€ter von einer âGruppe von mĂ€nnlichen Jugendlichenâ, die das Fest attackierten. Es sollen zehn bis 15 Personen gewesen sein. Sie seien ĂŒberwiegend schwarz gekleidet gewesen und waren vermummt. Nun wird wegen gefĂ€hrlicher Körperverletzung und VerstoĂes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. Die fĂŒr politisch motivierte Straftaten zustĂ€ndige Staatsschutz-Abteilung hat die Ermittlungen ĂŒbernommen.
Seit dem Ende der Corona-MaĂnahmen ist ein neues rechtsextremes PhĂ€nomen sichtbar: Neonazistische und neofaschistische Gruppen von Jugendlichen, darunter etliche MinderjĂ€hrige, stellen ihre Gesinnung und ihre Gewaltbereitschaft im öffentlichen Raum wieder offen zur Schau. Es ist das Revival der Springerstiefel, Bomberjacke und Glatze. Menschenverachtende Slogans und Symbolik werden auf Kleidung und Haut gezeigt. Auf Demonstrationen, die sich zurzeit insbesondere gegen queere Lebenswelten richten, treten sie vornehmlich einheitlich schwarz gekleidet und vermummt auf.
Ihr Stil erinnert nicht nur an die 1990er-Jahre, er nimmt direkt auf sie Bezug und verherrlicht die sogenannten BaseballschlĂ€ger-Jahre, die mit rassistischen Pogromen und Todesopfern einhergingen. Dieser Look war nie ganz weg, wurde gesellschaftlich aber geĂ€chtet und nur noch in den Provinzen und auf neonazistischen Veranstaltungen offen gezeigt. Die neue alte Neonazi-Inszenierung zeugt von einem groĂen Selbstbewusstsein der Szene und soll bewusst einschĂŒchternd wirken. SchlieĂlich sind diese Jungnazis extrem gewaltbereit.
Kommen die TĂ€ter aus dem Umfeld des âIII. Wegsâ?
Laut dem antifaschistischen Rechercheblog âaus dem Wegâ handelt es sich bei den TĂ€tern aus Bad Freienwalde um Aktivisten vom âIII Wegâ â bestĂ€tigt wurden diese Informationen allerdings noch nicht.
âDer III. Wegâ versteht sich als Neonazi-Elite, als Kaderpartei, als geschlossener Zirkel. Es ging den Parteistrateg*innen nie um eine groĂe Anzahl an Mitgliedern. Ihr SelbstverstĂ€ndnis ist eher in bewusster Abgrenzung zu anderen Neonazi-Parteien geprĂ€gt, schlieĂlich sehen sie sich selber als die wahren Nachfolger der NSDAP. Seit einiger Zeit werben sie recht unverhohlen um junge Mitglieder und besonders in Berlin und Brandenburg scheinen sie recht erfolgreich.
Vom III. Weg abgekommen â Neonazi-Partei plakatiert Mordaufruf gegen die GrĂŒnen
Seit einigen Jahren macht der âIII. Wegâ rechtsextreme Jugendarbeit, um junge Menschen fĂŒr faschistische Ideologie zu begeistern. Im Zentrum dieser rechtsextremen Jugendarbeit steht dabei nicht so sehr ein hedonistischer Lifestyle. Vielmehr geht es hier um Wehrhaftigkeit, Körperkult, Volksgemeinschaft und Umweltschutz. Die jungen MĂ€nner und wenigen Frauen gehen gemeinsam in der Natur wandern und betĂ€tigen sich auf ihre eigene Weise fĂŒr Umweltschutz oder werden in Kampfkunst trainiert. Wobei Sport fĂŒr die Aktivist*innen eine herausragende Rolle einnimmt, aber immer nur Mittel zum Zweck ist. Viele junge Aktivist*innen wurden bereits durch ihre Familien ideologisiert. Trotz ihres jungen Alters sind einige bereits mehrfach mit neonazistischen Gewalttaten aufgefallen.
Statt ĂŒber Musik versucht der âIII. Wegâ ĂŒber Sport Jugendliche zu erreichen und zu rekrutieren. Ein Konzept, das erfolgversprechend scheint, schlieĂlich erleben wir derzeit gesamtgesellschaftlich einen Fitnessboom, der alle Bereiche des Lebens abdeckt. Die Arbeitsgruppe âKörper und Geistâ fĂŒr Kampfsport und Wehrhaftigkeit des âIII. Wegsâ versucht gezielt ĂŒber Sport die tödlichen Ideen des Rassismus und Faschismus in die Köpfe junger Menschen zu pflanzen. Das Angebot, das die Partei-Strateg*innen jungen Menschen machen, entspricht damit wohl dem Zeitgeist junger Neonazis, denen es nicht mehr so sehr ums Feiern, Alkohol und Musik geht. Stattdessen werden sie von militanten Aktivist*innen im StraĂenkampf ausgebildet. Eine sehr gefĂ€hrliche Tendenz.
Das Versprechen von StÀrke im rechtsextremen Kollektiv
Angesichts des in den letzten Jahren vermehrten Auftretens sehr junger Rechtsextremer, sowie der Wahlerfolge der AfD bei Erst- und JungwĂ€hler*innen kann man sich fragen, ob Rechtsextremismus als Jugendkultur zurĂŒckgekommen ist. In den letzten Jahren haben sich etliche neonazistische Jugendgruppen gegrĂŒndet, die bisher nicht direkt an rechtsextreme Parteien angegliedert sind. Hier findet viel Organisierung statt. Man verabredet sich zum Wandern und zum Demonstrieren. Nach ZĂ€hlungen der ZEIT gibt es aktuell ungefĂ€hr 120 dieser Gruppierungen.
Rechtsextreme Akteur*innen haben es geschafft, Angebote zu machen, die insbesondere in Krisenzeiten viele Menschen ansprechen. In einer komplizierten Welt geben sie eine einfache Antwort: âNur in der Gemeinschaft bist du stark und wir bieten dir diese Gemeinschaftâ. Ein rechtsextremer Kollektivgedanke, der verbunden ist mit einer klassischen Vorstellung von MĂ€nnlichkeit und StĂ€rke.
Dass am Sonntag auf dem Demokratiefest nichts Schlimmeres passiert ist, ist besonders dem beherzten Eingreifen der Anwesenden zu verdanken. Die taz schreibt:
âOrdner*innen stellten sich den Angreifenden entschlossen entgegen. Sie seien auf die Vermummten zugelaufen, hĂ€tten sie angebrĂŒllt, dass sie abhauen sollen, und sich gewehrt.â
Wenn diese jungen mutmaĂlichen Rechtsextremen am helllichten Tag ein Demokratiefest angreifen, zeigt das auch, wie selbstbewusst sie auftreten. Vermutlich auch durch die Erfolge der AfD fĂŒhlen sie sich ermĂ€chtigt, ihre Gewalt offen auszuleben.
In einem Statement nach der Tat Ă€uĂert sich das BĂŒndnis: âWir waren heute da. Wir sind morgen da. Wir werden uns auch weiterhin fĂŒr eine vielfĂ€ltige, solidarische Gesellschaft einsetzen.â
Artikelbild: Screenshot rbb Video
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