Bayreuther Festspiele: Eine „Walküre“ auf Irrwegen
Elena Deinhammer
[caption id="attachment_30928" align="alignleft" width="200"] Bayreuther Festspiele 2025/DIE WALKÜRE/Michael Spyres, Jennifer Holloway, Kinderstatisterie derBayreuther Festspiele/Foto © Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath[/caption]
Einer der Gründe, warum „Der Ring des Nibelungen“ auch inhaltlich für anhaltende Faszination sorgt, ist wohl die Tatsache, dass es sich trotz oder vielmehr gerade wegen der allzu menschlichen Götter und Gestalten um „ein Drama der Gegenwart und nicht eines aus ferner und sagenhafter Vorzeit“ handelt. Wie viele Mythen vermag es auch Wagners Tetralogie, im Gewand einer sagenhaften Geschichte von grundlegenden gesellschaftlichen Dynamiken und (zwischen)menschlichen Problemen zu erzählen, sodass ihr Kern in jeder Gegenwart von Bedeutung, somit überzeitlich, zeitlos ist. Diese Aussagekraft des „Rings“, auch seine vielfältige Symbolhaftigkeit sind für Regisseure ein Paradies, in dem man sich inhaltlich wie gestalterisch austoben kann. Ob man die Handlung des „Rings“ als Kapitalismuskritik im Sinne der Revolution verstehen will, wie es Bernard Shaw, Autor der zitierten Zeile, bereits vor über hundert Jahren tat, Aspekte der Naturausbeutung hervorhebt, den Fokus auf die problematische Familienkonstellation legt oder die zwischenmenschlichen Beziehungen und Bestrebungen auf elementarste Weise in den Vordergrund rückt – all dies, und vieles mehr, ermöglicht einem der schier unendliche Reichtum, den der „Ring“ in sich birgt. Regisseur Valentin Schwarz hatte, wie er selbst schreibt, die Intention, ausgetretene Wege zu verlassen und Neues im Dickicht zu entdecken. Auch im vierten Jahr seiner Bayreuther Inszenierung gelangt man jedoch zu dem Eindruck, er habe nicht nur bekannte Wege innerhalb der Tetralogie, sondern den gesamten Wald verlassen und neue Straßen gepflastert, die sich zwar gelegentlich kreuzen, letztlich aber immer weiter auseinander und von dem, was Wagner sich hier in höchster Komplexität erdachte, wegführen. Dass es jedoch gerade lohnend sein kann, bekannte Wege feinfühlig neu zu entdecken, zeigte hingegen Simone Young, die gemeinsam mit der überzeugenden Besetzung trotz Irrwegen und Sackgassen der Regie für eine musikalisch höchst bewegende „Walküre“ sorgte. (Rezension der besuchten Vorstellung v. 16. August 2025)
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