Wenn Vögel die Flugbahn kreuzen
Bild: Vogelschwärme über dem Flughafen Marrakesch-Menara, Januar 2010 [Quelle: Wikicommons. Autor: Oliver H]
Vögel und Flugzeuge – das ist eine Kombi, die nicht immer gut geht.1 Wer schon mal einen Birdstrike miterlebt hat, weiß, dass der Aufprall von Vögeln auf ein Flugzeug alles andere als ein kleines Problem ist. Für die Piloten bedeutet das sofortige Alarmbereitschaft, für die Fluglotsen heißt es: Ruhe bewahren und schnell handeln.
Aber was genau passiert eigentlich, wenn ein Vogel das Flugzeug trifft und wie sollten Fluglotsen reagieren?
Was passiert bei einem Birdstrike?
Ein Birdstrike klingt vielleicht erstmal nach einer harmlosen Sache – ein Vogel trifft das Flugzeug, und weiter geht’s. Aber in Wirklichkeit kann so ein Vorfall ziemlich heftig werden. Laut einer Studie von Airbus betreffen rund 41% der Birdstrikes die Triebwerke. Das ist kein Spaß, denn ein beschädigtes Triebwerk kann schnell zum Ausfall führen, und das bedeutet im schlimmsten Fall: die Kontrolle zu verlieren.
Anmerkung: Normalerweise führt ein Triebwerksausfall nicht zu einem Kontrollverlust; da müssen dann noch andere Faktoren eine Rolle spielen
Auch Cockpitscheiben sind häufig betroffen, was nicht nur die Sicht, sondern auch die Kommunikation mit der Fluglotsen stören kann, wenn dadurch Windgeräusche stark zunehmen. Dann gibt es noch die Möglichkeit von Schäden an elektrischen Systemen, Sensoren (z.B. Pitot Rohre), Antennen oder dem Fahrwerk. Kurz gesagt: Ein Birdstrike kann eine ganze Menge anrichten.
Wobei das komplette Bersten der Scheiben aufgrund der vielen Layer der Scheibe sehr unwahrscheinlich ist. Aber schon ein durch den Aufprall von Vögeln komplett verschmutzte oder mit Rissen in einem Layer überzogene Frontscheibe kann die Sicht beeinträchtigen oder zu Null degradieren.
Was genau sind die Folgen?
Die Auswirkungen reichen von kleinen Unannehmlichkeiten bis hin zu echten Problemen, die sofortiges Handeln erfordern:
- Triebwerksausfall:
Ein Vogel, der ins Triebwerk gerät, kann zu einem Ausfall führen – und das bedeutet, dass das Flugzeug plötzlich nur noch mit einem Triebwerk fliegt. In schlimmeren Fällen fallen sogar beide aus. - Schäden an den Cockpitscheiben:
Wenn ein Vogel mit Wucht gegen das Cockpit schlägt, kann die Scheibe zerbrechen. Das macht nicht nur die Sicht unmöglich, sondern kann auch die Kommunikation durch die starken Windgeräusche stören. - Technische Probleme:
Hydraulik- und elektrische Ausfälle können als Folge eines Triebwerkausfalls hinzukommen. Das kann das Flugzeug schwer beeinträchtigen und die Sicherheit gefährden. - Probleme bei der Landung:
Ein beschädigtes Fahrwerk oder defekte Bremsen können die Landung deutlich erschweren. Das ist eher bei kleinen Flugzeugen zu befürchten; bei Airbussen und Boeings sollte das nicht passieren - Abgerissene Pitot Rohre können dazu führen, dass die Fluggeschwindigkeit nicht mehr oder – schlimmer noch – falsch angezeigt wird. Das kann zu Kontrollproblemen führen.
- Abgerissene Antennen können den Funk und die Funknavigation stören oder unmöglich machen.
- Probleme mit/für die Crew:
In seltenen Fällen kann das Flugpersonal durch Verletzungen beeinträchtigt sein – auch das kann die Situation erschweren.
Wie können Fluglotsen nach dem Vogelschlag helfen?
Ein Birdstrike ist eine stressige Angelegenheit – für Piloten, Fluglotsen und alle anderen Beteiligten. Wie kann die Hilfe vom Boden aus der Flugsicherung erfolgen?
Es gibt einen Prozess für Notfälle, der auch in dieser Situation hilft, ruhig zu bleiben und schnell zu handeln: das sogenannte ASSIST-Prinzip.
Dabei stehen die Buchstaben des Akronyms ASSIST für:
A – Acknowledge (Bestätigen): Bestätige zunächst, dass es einen Birdstrike gegeben hat. Frag die Piloten nach ihrer Lage, soweit es die Situation zulässt, und finde heraus, ob sie das Flugzeug noch unter Kontrolle haben.
S – Separate (Trennen): Halte das betroffene Flugzeug vom anderen Verkehr fern. Priorisiere seine Landung und halte die Landebahn frei von anderen Flugzeugen, Fahrzeugen und allem, was dazwischenfunken könnte.
S – Silence (Stille): Wenn es nicht dringend ist, halte Funkgespräche auf ein Minimum. Jeder unnötige Funkspruch kostet Zeit und macht die Situation nur noch stressiger.
I – Inform (Informieren): Informiere alle wichtigen Stellen: Flughafen-Notdienst, Rettungskräfte und andere Fluglotsen, die betroffen sein könnten. Sie müssen wissen, was los ist.
S – Support (Unterstützen): Gib den Piloten alle Informationen, die sie brauchen. Gibt es eine (andere) längere Landebahn? Brauchen sie noch die aktuellen Wetterbedingungen?
T – Time (Zeit geben): Vergiss weniger wichtigen Fragen. Gib der Crew die Zeit, die sie braucht, um sich auf die Landung vorzubereiten.
Prävention: Wie kann man Birdstrikes vermeiden?
Natürlich ist es immer besser, wenn es gar nicht erst zu einem Birdstrike kommt.
Auch hier sind Fluglotsen (mit) gefordert, um das Risiko zu minimieren:
Vögel beobachten
Fluglotsen sollten immer ein Auge auf die Umgebung der Landebahnen und auf die möglichen Flugrouten werfen. Sieht man eine Vogel(zug), kann man den Piloten warnen, bevor es zu einem Vorfall kommt.
Zusammenarbeit mit dem Flughafen
Der Flughafenbetreiber sollte immer informiert werden, wenn Vögel in der Nähe sind. Wenn nötig, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Vögel zu vertreiben.
Vogelschutzmaßnahmen
Bei einer anhaltende Vogelaktivität gibt, sollte eine NOTAM (Notice to Airmen) herausgegeben werden, damit alle Piloten gewarnt sind. In manchen Fällen wird auch ein BIRDTAM verwendet – besonders bei militärischen Flughäfen.
ATIS-Warnungen
Fluglotsen können auch im ATIS-System (Automatic Terminal Information Service) Hinweise auf Vogelschwärme einbauen, damit Piloten rechtzeitig informiert sind.
Fazit: Schnell reagieren und ruhig bleiben
Birdstrikes passieren – und wenn sie es tun, kommt es auf jede Sekunde an. Als Fluglotsesollte man vor allem Ruhe bewahren, die richtigen Maßnahmen ergreifen und die Piloten unterstützen, damit sie sicher landen können.
Aber auch präventive Maßnahmen, wie die ständige Beobachtung des Luftraums und die enge Zusammenarbeit mit den Flughafenbetreibern, spielen eine große Rolle, um Birdstrikes zu vermeiden.
Bessere Vorbereitung bei allen Beteiligten – being ahead of the airplane and situations – verlängert in der Luftfahrt stets das Leben.
Das eigene und auch das der anderen Bewohner dieser Erde.
- https://flugundzeit.blog/ural-vogelschlag-an-beiden-a321-triebwerken/
https://flugundzeit.blog/kommentar-zum-korea-737-crash/
https://flugundzeit.blog/737-geht-bei-der-landung-in-flammen-auf/
↩︎
#Birdstrike #Controller #DeutscheFlugsicherung #Fluglotsen #Flugsicherung #HelgaKleisny #VogelschlagBirdStrike