Haftbefehl: 19-jähriger Rechtsextremer plante Anschlag auf Synagoge in Halle
Belltower.News
Am 9. Oktober 2019 versuchte der Attentäter Stephan B., bewaffnet in diese Synagoge in Halle zu stürmen. (Quelle: Amadeu Antonio Stiftung)Ein 19-jähriger Mann soll einen rechtsextrem motivierten Anschlag auf die Synagoge in Halle (Saale) geplant haben. Er wurde schon im Februar 2025 in der Schweiz festgenommen. In einer Telegram-Gruppe soll er über seine Anschlags-Absichten gesprochen und sich eine Langwaffe besorgt haben. Ein konkretes Datum für die Tat gab es laut bisherigen Ermittlungen nicht. Der junge Mann lebte zuletzt in der Schweiz, war aber früher in Halle gemeldet. Die Schweizer Behörden haben ihn am 22. April 2025 an Deutschland überstellt. Er sitzt in Untersuchungshaft, bestreitet aber, dass er wirklich einen Anschlag auf die Synagoge begehen wollte. Die Ermittlungen laufen. Nun wurde Haftbefehl erlassen.
2019 versuchte ein Rechtsextremer in die Synagoge einzudringen und ermordete zwei Menschen
Bereits 2019 wollte ein rechtsextremer Attentäter ein Massaker in der Synagoge in Halle anrichten: Während der Feierlichkeiten zum jüdischen Versöhnungstag Yom Kippur am 9. Oktober 2019 versuchte der Attentäter gewaltsam in die Synagoge im Paulusviertel in Halle einzudringen mit dem Ziel, die dort anwesenden 52 Menschen zu ermorden. Unmittelbar vor der Synagoge erschoss er dabei Jana L., die zufällig vorbeikam und ihn auf sein Verhalten angesprochen hatte. Nach mehreren missglückten Versuchen, sich Zutritt zu verschaffen, fuhr der Täter zum nahegelegenen Imbiss Kiez-Döner und erschoss dort Kevin S. Während seiner Taten zielte er wiederholt auf Passant*innen, die nur durch mehrfache Ladehemmungen der Tatwaffe(n) unverletzt blieben. Auf der Flucht fuhr er einen Passanten an und verletzte einen Mann und eine Frau teils schwer, als er versuchte, sich ein weiteres Fluchtfahrzeug zu beschaffen. Nach einem von ihm verursachten Unfall, rund 40 Kilometer von Halle entfernt, wurde er von der Polizei festgenommen.
Neue Form des rechten Terrors
Einen Teil der Tat streamte der Täter live im Internet auf Twitch, einem Videoportal, aus der Gaming-Szene: Wenige Minuten bevor er das Attentat begann, postete er einen Link zum Livestream auf einem Imageboard zusammen mit schriftlichen Ausführungen zu seinen Motiven für die Tat sowie Hinweisen und Anleitungen zu den Waffen, die er für diesen Tag selbst gebaut hatte. Zuschauer*innen des schrecklichen Livestreams werden so in seine Rolle hineinversetzt – sie sehen und hören live auch das, was der Täter sieht und hört. Es wirkt als würden sie ein Ego-Shooter-Spiel betrachten. Es ist die Gamifizierung von Terror.
Der antisemitische Attentäter von Halle steht mit seiner Tat in der Tradition einer neuen Form des rechten Terrorismus, deren Keimzelle eine von Rechtsextremismus, Antisemitismus und toxischer Männlichkeit geprägte Netzgemeinde ist.
Die internationalen Vorbilder
Sehr viel deutet darauf hin, dass der Täter aus Halle von 2019 mit seiner Tat in der Tradition von Brenton Tarrant, dem Attentäter von Christchurch steht, der am 15. März 2019 in Neuseeland 51 Menschen in einer Moschee tötete. Auch er streamte seine Tat live im Internet. Via Imageboard hinterließ er ein „Manifest“ mit dem Titel „The Great Replacement“ („Der große Austausch“). „Inspiriert“ wurde Tarrant in seiner Mordlust dabei von dem Massenmörder Anders Behring Breivik, der 2011 in Norwegen 77 Jugendliche und Erwachsene aus rassistischen Gründen tötete.
„knack‘ den Highscore“
Auch den Attentäter von Poway in Kalifornien (USA), John Earnest, der am 27. April 2019 in einer Synagoge um sich schoss, eine Frau tötete und drei Menschen verletzte, kündigte seine Tat bei 8chan an. Die erste Reaktion im Forum: „get the high score“ – „knack‘ den Highscore“. Earnest soll mehr Menschen töten, als vorherige Terroristen.
In der rechtsterroristischen Szene werden Massenmörder und Rechtsterroristen gefeiert wie Heilige. Je mehr Menschen sie töteten, desto höher stehen sie in einem makabren Ranking. Und auch bestimmte Opfergruppen werden höher gewertet als andere. Der Täter aus Halle wollte offenbar in die Top Ten Riege, indem er zahlreiche Juden*Jüdinnen töten wollte. Er scheiterte am Eindringen in die Synagoge an der Holztür. Und tötete stattdessen zwei Passant*innen. In der rechtsterroristischen Szene wird er dafür verachtet.
Ob der 19-Jährige, der nun in der Schweiz festgenommen wurde, in dieser Tradition junger digital affiner Rechtsterroristen steht, und vollenden wollte, was dem Zweifach-Mörder aus Halle zum Glück nicht gelang, muss nun das Gericht feststellen.
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