#documenta

2025-05-06

Die Muse im Diagramm

Der mexikanische Konzeptkünstler Mario García Torres schaut in seiner Ausstellung „History of Influence“ im Fridericianum Kassel auf die Vergangenheit der Kunst, auch die der documenta. Daraus zieht er so trocken wie humoristisch seine eigene Erzählung

Was hat David Bowie mit den Pet Shop Boys, Electro mit Industrial und was hat Cardi B mit Bad Bunny zu tun? Wer im Fridericianum Kassel vor den weißen Schautafeln mit Diagrammen steht und sich einen Reim auf die Zusammenhänge zwischen Musiker:innen, Tänzen oder Genres zu machen versucht, die mit einem Gewirr von Pfeilen und Linien verbunden sind, dem dämmert: Die scheinbare Übersichten auf Mario García Torres’ schwarz-weißen Siebdrucktafeln stellen keine endgültige Musikgeschichte dar. Wer gleich in Lernhaltung verfällt, wenn etwas im Museum nach Schule aussieht, ist in diesem Institut falsch.

Auf den Tafeln hat der 1975 im mexikanischen Monclova geborene Künstler seine eigene musikalische Sozialisation aufgezeichnet, sein individuelles Universum der Wechsel­wirkungen zwischen Musikrichtungen und Interpret:innen, die ihn im Lauf seines Lebens geprägt haben. Eine finale Lektion gibt es hier nicht. Was aber bei den Betrachtenden hängen bleibt, ist ein Gefühl für Kanon, Einflüsse und Aneignungen.

Torres’ jüngste, in den letzten zwei Jahren entstandene, Arbeit wirkt wie ein Muster­beispiel der Konzeptkunst. Sie enthüllt zugleich das künst­lerische ­Selbstverständnis des 1975 ­Geborenen. „Kunst ist für mich kein Soloprojekt“, erklärt der Mann, der gern Partikel des Werks historischer Künst­­le­r:in­nen aus der Arte Povera oder der ­Konzeptkunst zu neuen ­Geschichten formt, „Kunst ist eine Mixtur aller Einflüsse“.

Wenn Torres seine Ausstellung „A History Of Influence“ nennt, ist damit nicht Unterordnung oder Unterwerfung gemeint, sondern eher das kreative Aufsaugen und Sich-Auseinandersetzen mit dem Kontext, in den jeder Mensch gestellt ist. Historische Quellen derart einfallsreich auszuschöpfen, muss nicht öde, sondern kann humorvoll sein. Die historischen Fotos des Schweizer Fotografen Balthasar Burkhard von dem Künstler Mario Merz, die Torres im Archiv des legendären Kurators Harald Szeemann im Getty-Center in Los Angeles aufgestöbert hat, hat der Künstler animiert und mit Techno-Sounds überlegt. Auf der wandgroßen Installation im Mittelsaal des Fridericianum tanzt der Altmeister der Arte Povera, Teilnehmer der documenta-Schauen 5 bis 7 und der documenta 9, in der heute nicht mehr existierenden Kasseler Bar „Zur Standuhr“.

Mit der documenta-Stadt verbindet Torres eine ganz eigene Geschichte. Im selben Saal wie bei der documenta 13, an der er 2012 teilnahm, zeigt er noch einmal seine Arbeit „¿Alguna vez has visto la nieve caer? – Haben Sie jemals den Schnee gesehen?“ In dem 74-minütigen Film-Essay, halb Dokumentation, halb Fiktion, dokumentiert er seine jahrelange Suche nach dem geheimnisvollen „One Hotel“, das der Arte-Povera-Künstler Ali­ghie­ro Boetti von 1972 bis 1979 im afghanischen Kabul betrieb, wo er auch einige seiner berühmten Bildteppiche „Mappa“ fertigen ließ. Als ­Carolyn Christov-Bakargiev, die damalige documenta-Chefin, von seiner Recherche hörte, lud sie ihn ein und ließ die Herberge renovieren. Es war ein historischer ­Moment in der Geschichte der documenta, als kurz nach der d13-Eröffnung in Kassel Torres in dem winzigen Haus in Kabul eine Ausstellung eröffnete.

Dass es ihm mit dieser Wiederaufnahme eines alten Motivs nicht um Nostalgie geht, zeigt er mit einer mithilfe von KI produzierten Zeichnung des leeren Hinterhofs des One Hotel. Er ruft den Zusammenhang von Konzeptkunst und figurativer Malerei und die Abwesenheit Boettis auf.

Auf der wandgroßen Installation tanzt der Altmeister der Arte Povera in einer Kasseler Bar

2025 feiert die documenta nach der mühsamen Auf­deckung der NS-Kontinuitätslinien der ersten documenta-Schauen und dem Antisemitismusstreit vor drei Jahren einen schwierigen 70. Geburtstag.

Torres’ Ausstellung komplettiert die kritische Aufarbeitung der „Weltkunstschau“ derzeit um die Erinnerung an ihre unbestreitbaren Verdienste. Deswegen hat Torres vor seine Diagramme die gleichen weißen, heute ikonischen Plastikvorhänge gehängt, mit denen Arnold Bode 1955 die Innenräume des ausgebombten Fridericianums auskleidete. Sollten Kunst­lieb­ha­be­r:in­nen einmal ihre „History Of Influence“ in Diagramme fassen: die heute umstrittene documenta zählte gewiss dazu.

Mario García Torres: A History Of Influence. Fridericianum, ­Kassel, bis 27. Juli. Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.

Über Ingo Arend:

Der Autor ist Politologe und Historiker, er schreibt über Kunst und Politik. Stationen machte er beim Freitag, bei der taz und beim Deutschlandfunk Kultur. Er ist Mitglied im Präsidium der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK).

2025-04-29
Backsteine | brickwork

ehemalige Justizvollzugsanstalt Kassel III (ELWE) | former prison
fungierte während der documenta(13) als Hotel

#backsteine #brickwall #jva #knast #gefängnis #jail #prison #documenta(13) #hotel #kassel #monochrome #blackandwhite #architecture #architecturephotography #innenhof #courtyard
Ehemalige Justizvollzugsanstalt Kassel III (ELWE)
already looking forward to the next #documenta in #kassel in 2027

#art #exhibition
Headless Horseman 🇪🇺 🇺🇦Headlesshessian
2025-03-19

Documenta 16

documenta 16 soll Brücken bauen statt provozieren: Kuratorin Beckwith stellt Konzept vor | hessenschau.de | Kultur
hessenschau.de/kultur/document

2025-02-09

Nach Antisemitismus-Skandal

#Documenta führt #Verhaltenskodex ein
Mit einem Verhaltenskodex reagieren die Verantwortlichen der documenta auf den #Skandal von 2022. Damit wollen sie #Antisemitismus aktiv entgegentreten.

israelnetz.com/documenta-fuehr

#Deutschland #Israel #Kunst

2025-02-07

Wir leben in einer Zeit der Krisen und globaler Kommunikation. Das stellt Kulturschaffende vor neue Herausforderungen. Ralf Schlüter berät sie.

#BrandEinsPodcast #Documenta #Krisenkommunikation #RalfSchlüter #ThiloMischke #BrandEinsPodcast

detektor.fm/wirtschaft/brand-e

2025-01-25

Ein paar Lesehinweise

Umleitung: Merz’ Anbiederung an die AfD, der Frisör aus Lingen, die fantastischen Fakten des Hans-Werner Sinn und mehr

schiebener.net/wordpress/umlei

#NoAfD #Klimakrise #Documenta #CDU #Merz #rechtsextremismus

Auto- oder Trecker-Reifenspuren auf einem mit Schnee bedeckten Hang führen geschwungen zum Grat mit einer Reihe von Bäumen vor blauem Himmel
2022-07-10

Wenn Bilder töten – Der Theologe und Kulturwissenschaftler Andreas Mertin über die antijüdische Bildsprache einiger der bei der #documentafifteen in #Kassel präsentierten Werke: https://bit.ly/3NWhSrt #Antisemitismus #Documenta (via @zeitzeichenNET)

Wenn Bilder töten | Wie wir mi...

Gegenwind :antifa:🇺🇳🖖Gegenwind@chaos.social
2024-12-18

Von mir aus hätte man es auch mit der #documenta auch ganz sein lassen können… ich bin für das Motto: #istdaskunstoderkanndasweg

2024-09-18

#Kassel, the historic capital of the former Landgraviate of #Hesse and home of the #documenta art exhibition has some extremely nice #organic restaurants and spots for a relaxed #aperitivo. Here are the #organictraveller's #restaurantreviews: organictraveller.de/organictra

#travelguide #travel #food

2024-09-12

There are most certainly more #sustainable #fashion #boutiques in the #Documenta town of #Kassel than I spotted during my day visit, but here's nevertheless a small #shoppingguide to #organic and #fairtrade #ecofashion: organictraveller.de/organictra

#organictraveller #travel

Hannah-Arendt-InstitutHAIT_TUD@bildung.social
2024-09-10

Veranstaltungstipp: "Die documenta und die DDR"

1977 nahmen erstmals Künstler aus der #DDR an der #documenta teil. In ihrer Studie „Exhibition Politics“ beleuchtet Dr. Alexia Pooth die Verbindungen der documenta zur DDR, von der ersten Ausgabe 1955 bis zur Öffnung in den 90er Jahren.

Diskutieren Sie mit Alexia Pooth und Christoph Tannert morgen Abend um 19Uhr im KunstHaus Potsdam!

Mehr Infos:
kvkhpotsdam.de/veranstaltungen

WDR (inoffiziell)wdr@squeet.me
2024-09-06
Nach viel Kritik hat der Bahnhof Langendreer in Bochum eine umstrittene Ausstellung abgesagt. Der Vorwurf: Antisemitismus.#Online-Regio #Ausstellung #Guernica-Gaza #BahnhofLangendreer #Bochum #AlHawajri #documenta #Antisemitismus #Palästina #Israel
Nach Kritik: Bahnhof Langendreer sagt umstrittene Ausstellung ab
Jan Bühlbeckerjan_buehlbecker
2024-09-05

In wird die antisemitische Ausstellung der im Bahnhof Langendreer wiederholt. Ich kritisiere das. Wer eine offene und solidarische Stadtgesellschaft will, muss sich jeder Form von Menschenhass entgegenstellen - immer.

Das Existenzrecht des jüdischen Schutzstaates und das Selbstverteidungsrecht Israels sind nicht verhandelbar. Niemals darf das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung als Deckmantel für eigenen Antisemitismus missbraucht werden.

Wandenweltererwandenwelterer
2024-08-23

bei Nacht
Kunstwerk Blaues Licht

Blick von der Hiroshima-Wiese zur Drahtbrücke. Eine blaue Leuchte hängt über der Fulda.
Universität Kasselunikassel@wisskomm.social
2024-07-19

Weshalb etablierte sich die Stadt Kassel als Standort für die weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst?
Das UniArchiv verfügt über neue Bestände und beleuchtet die historischen Standortbedingungen. Mit der Übernahme der Bestände baut die Stadt #Kassel auch ihre Stellung als Hotspot der #documenta-Forschung weiter aus.
uni-kassel.de/uni/aktuelles/me

Historischer Lageplan der Kunsthochschule Kassel. Foto: UniArchiv.

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