Predictive Policing: GroĂbritannien will berechnen, wer zum Mörder wird
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Predictive Policing: GroĂbritannien will berechnen, wer zum Mörder wird
Die britische Regierung lĂ€sst an einem Programm forschen, das vorhersagen soll, ob eine Person zum Mörder wird. FĂŒr die Studie fĂŒhren Forscher:innen persönliche Daten von hunderttausenden Menschen zusammen â unter anderem, ob sie Opfer hĂ€uslicher Gewalt wurden und an welchen psychischen Erkrankungen sie leiden.
09.04.2025 um 13:15 Uhr
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Martin Schwarzbeck â in
Ăberwachung â
4 ErgÀnzungen Ein Klischee-Mörder. Also genau das, was das britische Vorhersagemodell sucht.
â Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Panthermedia Die britische Regierung will Mörder finden, noch bevor sie zur Tat schreiten. Dazu entwickelt eine Forschungsgruppe ein System, das zahlreiche persönliche â und zum Teil sehr intime â Informationen zusammenfĂŒhrt und daraus die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass die Person eine andere tötet. Das geht aus geheimen Dokumenten hervor, die die Nichtregierungsorganisation State Watch mit einer Reihe von Anfragen nach dem britischen Informationsfreiheitsgesetz erhielt.
In die Vorhersage flieĂen beispielsweise Daten dazu ein, in welchem Alter ein Mensch erstmals zum Opfer wurde, beispielsweise von hĂ€uslicher Gewalt. Dass Opfer mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu TĂ€tern werden, ist lange bekannt. Mit dem Mordvorhersagesystem werden nun aber sĂ€mtliche Opfer zu VerdĂ€chtigen. AuĂerdem erhebt das System Angaben zur psychischen Gesundheit, also beispielsweise, ob ein Mensch mit einer Sucht kĂ€mpft, ob er in der Vergangenheit selbstverletzendes Verhalten an den Tag gelegt hat oder gar einen Suizid versuchte.
Ebenfalls erhoben wird, in welchem Alter ein Mensch erstmals zum Zeugen einer Straftat wurde. All das flieĂt gemeinsam mit Daten zu kriminellen Vorstrafen, dem vollen Namen, dem Geburtsdatum, der ethnischen Zugehörigkeit und einer eindeutigen Identifikationsnummer in das Vorhersagesystem. FĂŒr dessen Training wurden die Daten von 100.000 bis 500.000 Menschen genutzt â ohne deren Zustimmung.
Ein Àhnliches Tool ist bereits im Dienst
Statewatch nennt das geheime Projekt der britischen Regierung erschreckend und dystopisch. Bislang dient es Forschungszwecken, den Unterlagen zufolge ist jedoch geplant, es in die Praxis zu bringen. The Guardian schreibt, dass es vom BĂŒro des Premierministers in Auftrag gegeben wurde, als Rishi Sunak von den Konservativen an der Macht war.
Ein Ă€hnliches Tool, das Vorhersagen macht, wie wahrscheinlich ein StraftĂ€ter oder eine StraftĂ€terin rĂŒckfĂ€llig werden, ist in GroĂbritannien bereits im Einsatz. Richter nutzen diese Vorhersagen beispielsweise, um zu entscheiden, wann eine Person aus dem GefĂ€ngnis entlassen wird. Dabei sind die Prognosen fĂŒr Schwarze Menschen deutlich fehleranfĂ€lliger.
Laut Sofia Lyall, einer Forscherin von Statewatch, wird das Mordvorhersagesystem die strukturelle Diskriminierung, die dem Strafrechtssystem zugrunde liegt, noch weiter verschĂ€rfen. Neben rassistisch diskriminierten Menschen wĂŒrden damit wohl auch einkommensschwĂ€chere Gruppen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu potenziellen Mördern erklĂ€rt. Die Verwendung der sensiblen Daten zum Training des Modells hĂ€lt sie fĂŒr höchst besorgniserregend.
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Author: Martin Schwarzbeck
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