Die inszenierte Abschiebe-Show: Trump verkauft seine Anhänger für dumm
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Die inszenierte Abschiebe-Show: Trump verkauft seine Anhänger für dumm
von Juni 20, 2025 | Analyse
Die USA sind kurz davor, in die Diktatur abzurutschen: illegale Deportationen von Unschuldigen, Verschwindenlassen von Personen auf offener Straße, Ignorieren von Gesetz und Gerichtsurteilen und Folter in ausländischen Gulags. Hier werden Nachbarn und Arbeitskollegen von vermummten, schwer Bewaffneten entführt – die sich weigern, sich zu identifizieren. Die Armee wird gegen Protestierende eingesetzt. Und dennoch feiern Rechtsextreme den Faschisten Trump in den USA wie auch hierzulande.
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Weil sie über die Jahre so gehirngewaschen wurden, dass sie denken, das größte und wichtigste Problem seien „(kriminelle) Migranten“. Und „Massendeportationen“ oder „Remigration“ – die Vertreibung von Millionen – seien das wichtigste politische Ziel von allen, das einfach alle Probleme lösen würde. Dafür sind sie sogar bereit, die Demokratie zu opfern. So verurteilenswert das ist, muss uns auch klar sein, dass es noch tiefer geht. Das Trump-Regime zeigt: Selbst wenn die Faschisten alles bekommen, was sie wollen, werden sich ihre Wünsche nicht erfüllen. Denn auch Trumps faschistische Deportationen sind eben auch eine riesige Show.
Trumps gigantische Abschiebe-Show
Trumps Fans lieben ihn vor allem wegen eines Themas: Der Migrationspolitik. Bei praktisch allen Politikfeldern, wie der Wirtschaftspolitik, sind seine Zustimmungswerte negativ, nur die vermeintliche Migrationspolitik hat eine Mehrheit. Das ist merkwürdig, denn schaut man sich die harten Fakten an, dann stellt man fest, dass das Ganze vor allem eine teure Show ist. Von vielen einzelnen Anti-Immigrationsmaßnahmen, die Trump umsetzt, sind nur wenige tatsächlich populär, nämlich die Abschiebung von Menschen ohne Papiere, die Gewaltverbrechen begangen haben. Die kommt aber am wenigsten voran, das meiste davon ist Show:
Denn – wie jeden Monat bisher – liegt die Zahl der Abschiebungen jeden Monat UNTER der von Joe Biden – im März zum Beispiel bei 12 300. Erstmals im April wurde mehr abgeschoben als unter Biden. Von Februar bis Mai 2025 soll es rund 200.000 Abschiebungen gegeben haben. Im gleichen Zeitraum im Vorjahr wurden unter Biden 257.000 abgeschoben. Es setzt sich fort, was bereits Trumps erste Amtszeit zeigte: Auch dort gab es weniger Abschiebungen als unter Obama.
Normalerweise konzentriert sich die Kritik an Trump verständlicherweise darauf, dass seine Politik unmenschlich ist. Und das ist auch die wichtigste Kritik daran. Aber teilweise ist das genau, was seine Unterstützer denken: Dass es eben am effektivsten ist, unmenschlich zu sein. Doch offensichtlich täuscht die Show nur darüber hinweg, dass Trump in Sachen Migration keine konstruktive Politik macht, und nur auf Täuschung und die Einschränkung von Bürgerrechten aus ist. Unmenschlichkeit um der Unmenschlichkeit willen. Nicht, um das zu erreichen, was man verspricht.
Teure Show mit Fake-Verhaftungen
Zwar werden laut Regierungszahlen viel mehr Migranten in Abschiebehaft genommen, allerdings waren schon im Februar Platzprobleme in den Hafteinrichtungen der Grund dafür, dass viele nun wieder frei sind. Sie zeigen uns die Verhaftungen, aber die meisten kommen einfach wieder frei. Bereits in Trumps erster Amtszeit kritisierte ihn das konservative Cato Institut: „Kriminelle freilassen, um Asylbewerber einzusperren.“
Leute in Haft zu nehmen, die dann auch ein Donald Trump genauso wenig wie Biden abschieben kann, ist vor allem eine teure Show. Die Trump-Regierung plant nun Ausgaben in Höhe von 45 Mrd. € – zum Vergleich, das ist nur etwas weniger als die gesamten Verteidigungsausgaben Deutschlands – um weitere Haftanlagen zu bauen. Man muss dazu wissen, dass in den USA die Gefängnisse von privaten Betreibern betrieben werden, die damit Gewinne machen, dass diese Zahlen steigen.
Im Gegensatz zu Trumps Versprechen sind die meisten der neu Verhafteten eben keine Personen mit krimineller Vergangenheit. Sondern arbeitende Mitglieder der Gesellschaft. Teilweise vermeiden es Familien, ihre Kinder zur Schule zu schicken, aus Angst, sie könnten dort von der Regierung inhaftiert werden. Viele der Verhafteten hatten Aufenthaltsberechtigungen, die ihnen plötzlich entzogen wurden. Migranten in den USA sind übrigens generell deutlich weniger oft kriminell als in den USA Geborene. In Deutschland sind anerkannte Asylbewerber übrigens auch unterdurchschnittlich kriminell.
Anstatt dass diese Menschen arbeiten und zur Schule gehen, muss nun also der Steuerzahler ihre unmenschliche Unterbringung bezahlen. Dazu kommt: Viele der Personen, die die Trump-Regierung als “Kriminelle” bezeichnet hat, die von seinen ICE-Truppen verhaftet wurden, wurden gar nicht von der Trump-Regierung aufgegriffen. Sondern waren längst im Gefängnis. Ja wirklich! Sie wurden von der Regierung im Gefängnis “aufgegriffen” und in “Abschiebehaft” befördert (aus der Trump sie genauso wenig abschieben kann wie Biden). So kriegt man natürlich (un)schöne Schlagzeilen. Aber mit der Realität hat das nichts zu tun.
Trump als Sado-populist
Und genau hinter diesen Schlagzeilen und Bildern, die mit Trumps Abschiebe-Show produziert werden, steckt eine Strategie. Der renommierte Historiker Timothy Snyder sieht in Trump daher nicht nur einen Faschisten, sondern plädiert auch dafür, seine (und auch Putins) Strategie als „Sadopopulismus“ zu bezeichnen, eine wiederum faschistische Herangehensweise. Mit „Sadopopulismus“ wird eine autoritäre Herrschaftsform bezeichnet, in der durch die Verteilung von Schmerz regiert wird. Doch: nicht allen werden die gleichen Schmerzen zugefügt. Sündenböcke sollen abgestraft werden – im trumpistischen Weltbild natürlich allen voran Migranten.
Trumps Regime nicht „Faschismus“ nennen ist Realitätsverweigerung
Die anderen (sprich: noch nicht von Abschiebung oder Entrechtung Betroffene) dürfen dabei zuschauen, wie andere leiden. In die aktuelle Situation übersetzt: sie sollen aktiv Bilder und Schlagzeilen konsumieren, in denen das Leid der anderen ganz bewusst und medienwirksam zur Schau gestellt wird. Wir alle erinnern uns bestimmt an die Abschiebebilder der hauptsächlich venezolanischen Migranten, die in ein salvadorianisches Hochsicherheitsgefängnis abgeschoben wurden und dort brutal und unmenschlich behandelt werden.
Diese Bilder braucht Trump für seine Show, für seine öffentliche Inszenierung eines Spektakels des Schmerzes. So sollen Machtgefühle bei den Trump-Anhängern erzeugt und durch ein ganz klares „Wir“ gegen „Die“-Denken jegliche Empathiegefühle in der Gesellschaft abtöten. Gleichzeitig plädiert Snyder dafür, nicht alles, was in den USA gerade passiert, als Spektakel zu begreifen.
Einschränkung von Bürgerrechten
Auch wenn wir sehen, dass Biden sogar mehr abgeschoben hat als Trump, macht das seine brutale Politik nicht harmlos. Es zeigt nur, wie nutzlos es ist, wenn Demokraten versuchen, rechte Politik umzusetzen, bevor es die Rechten tun. Denn die Rechtsstaatlichkeit wird in den USA derzeit massiv in die Tonne getreten. Trump-Unterstützer verweisen gern auf diese Zahl: Insgesamt leben etwa 11 Millionen irregularisierte Menschen in den USA. Dazu kommen 3,7 Millionen Fälle, die aktuell bei Gerichten anhängig sind. An diesen Zahlen ändert Trumps Politik aber aktuell gar nichts. Auch in seiner ersten Amtszeit gab es WENIGER Abschiebungen als zuvor:
Stattdessen werden unter dem Vorwand nun die Bürgerrechte von US-Bürgern (!) eingeschränkt. Trump kündigte bereits an, dass in den USA geborene Menschen – und damit US-Bürger – deportiert werden müssen.
„The homegrowns are next, the homegrowns, you need to build aroud five more places“ sagte Trump dem Diktator von El Salvador.
Eine Politik, die an die in Potsdam mit der AfD besprochenen Geheimpläne erinnert. Die Ausländerbehörde ICE hatte drei Kinder, die US-Bürger sind, deportiert, ohne ihnen Gelegenheit zu einem rechtsstaatlichen Verfahren zu geben. Eines der Kinder hatte Krebs, ihm wurde in Haft die Medikamente abgenommen, und eine der deportierten Mütter war schwanger. Dennoch gab es keine Gelegenheit, ein Gericht anzurufen.
Wer denkt, Staatsbürger seien sicher und es handele sich nur um „Ausländer“, liegt falsch. Wenn die Trump-Schergen dich entführen (, weil du nicht „amerikanisch“ genug aussiehst), und dir keine Gelegenheit geben, dich juristisch zu wehren, kannst du ja nicht beweisen, dass du Staatsbürger bist.
Es gab schon kriminelle Deportationen von Staatsbürgern
In mehreren Fällen wurden US-Bürger von ICE eingesperrt und erst nach Druck wieder freigelassen. Ein US-Bürger wurde für 48 Stunden eingesperrt. Nachdem er bei einer Verkehrskontrolle festgenommen wurde, unter der Annahme, dass er kein US-Bürger sei. Einem anderen US-Bürger wurden bei seiner willkürlichen Verhaftung sein Geldbeutel abgenommen . Der seinen Ausweis enthielt, um seine Staatsbürgerschaft zu beweisen.
Trump ordnete an, dass Beamte auch ohne Gerichtsbeschluss einfach Hausdurchsuchungen durchführen sollten. Wenn es „schwierig“ wäre, vorher ein Gericht anzuhören. Die Rechte der Bürger? Egal.
Am einfachsten hat es ICE dabei bei Familien, die sich an alle Gesetze halten und mit den Behörden kooperieren. Denn hier haben die Behörden die Adressen. Das ist auch der Grund, warum die meisten Abschiebungen in Deutschland in den letzten Jahren Menschen in der Schule, in Ausbildung und in Arbeit betreffen. Eine Pflegerin aus Freiburg wurde direkt nach ihrer Nachtschicht abgeschoben. Ein Mädchen wurde unter Tränen aus dem Sportunterricht geholt und in den Abschiebeflieger gesetzt. „Illegale Kriminelle“ trifft diese Politik selten.
Weil sich Trumps Regierung wenig an Gesetze hält, werden viele Abschiebungen gestoppt, was den Prozess weiter verlangsamt. Abschiebungen nach z.B. Venezuela, Südsudan, Guatemala wurden bereits von Gerichten gestoppt.
Weniger Menschen wollen in die USA
Trumps Politik trifft auch Touristen. Normalerweise dürfen Touristen einfach den nächsten verfügbaren Flug zurücknehmen, wenn ihr Visa abgelaufen ist. Aber unter Trump landet man jetzt erst einmal in Abschiebehaft. Für die Fake-Statistik. Für die Propaganda-Zahlen ist das natürlich super. Denn eine „Abschiebung“ eines Touristen führt dementsprechend zu einem Anstieg in den Zahlen. Eine freiwillige Ausreise nicht. Auch viele Deutsche mussten bereits in Abschiebehaft. Entsprechend hat das Auswärtige Amt die Reisehinweise für die USA verschärft.
Besonders aus Ländern, die Trump verbal angreift oder deren Staatsbürger er verhaften lässt, sinken die jetzt Grenzübertritte, hier Kanada:
Auch historisch niedrige Grenzübertritte aus Mexiko wurden gemessen. Das liegt vor allem daran, dass es momentan keine Möglichkeit mehr gibt, legal Asyl zu beantragen und viele Migranten daher abwarten. Die Grenzübertritte waren bereits zu Beginn von Trumps erster Amtszeit 2017 eingebrochen, erreichten 2019 dann wieder neue Höchststände, wesentlich höher als jemals unter Obama, bis Covid-19 die Zahlen wieder reduzierte.
Selbstzerstörung um der Selbstzerstörung willen
Trumps „harte“ Migrationspolitik ist nicht nur unmenschlich und verfassungsfeindlich – sie ist in Wahrheit obendrein ein teures Spektakel – mit weniger echten Abschiebungen als unter Biden und mit überfüllten Haftzentren, um privaten Knastbetreibern Profite zu verschaffen. Dieses Sadopopulismus-Theater richtet sich nicht gegen tatsächliche Probleme, nicht einmal gegen imaginierte Probleme, sondern ausschließlich gegen Empathie und Rechtsstaat: Es züchtet Angst, spaltet Gesellschaften und dehnt den Kreis der Betroffenen kontinuierlich aus – von Migranten über Touristen bis hin zu Staatsbürgern. Immer mehr Trump-Wähler realisieren, wie sehr sie von dem Faschisten verarscht werden. Ob die Wähler der AfD in Deutschland eine Lektion lernen?
Artikelbild: Joey Sussman
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