1987 war es damit vorbei. Obwohl es die asozialen Medien noch gar nicht gab. Es war Volkszählungsboykott, und damalige Medien berichteten absichtlich nicht. Überhaupt nicht. Sie hielten es für kriminell. Jede Woche traf sich die Beueler Boykottinitiative. In der Jungdemokraten-Bundesgeschäftsstelle in der Reuterstr. hatten wir eine stadtweite Boykottzeitung erstellt, Auflage 100.000, die in 24 Stunden raus sein musste, damit sie nicht beschlagnahmt werden konnte. Klappte tadellos.
In ca. 10 Stadtteilen gab es lokale Boykottinitiativen. In Beuel trafen sich wöchentlich rund 200 grundsympathische Menschen, ein Aufstand der Anständigen. Ich begrüsste und sprach ein paar einleitende Sätze. Danach konnte ich nicht mehr unerkannt durch die Friedrich-Breuer-Strasse flanieren. Ständig winkten mir unbekannte Menschen freundlich zu, grüssten und strahlten über das ganze Gesicht. Heute wird sowas “Zivilgesellschaft” genannt.
Und heute kann ich wieder unerkannt durch die Beueler City flanieren. Nur gelegentlich grüssen mich noch Fussballfans, deren Namen ich noch nicht auswendig kann. Besonders FC-Köln-Fans könnten wieder anstrengend werden, in der nächsten Saispn. Also Borussia bitte, mach Deine Arbeit.
Daran wurde ich heute erinnert. Als ich diese Story über die schon immer total bekloppten Berliner*innen und ihre noch bekloppteren Medien las:
Boris Rosenkranz/uebermedien: “Verfolgt in Berlin: Die irre Jagd auf Harry Styles – Der britische Musiker läuft durch die Hauptstadt und alle rasten aus. Aber nicht nur Fans stalken ihn, auch Medien heizen die Jagd an. Über ein problematisches Spektakel und die schützenswerte Privatsphäre von Stars.” War das nicht in den 80ern mit David Bowie schon genauso? Ach nee, ich seh’ gerade auf Wikipedia, das waren die 70er. Komisch, ich hab’ ihn nie getroffen (oder nicht erkannt).
Erfreulicherweise würde ich keine einzige der im Text genannten Nasen erkennen. Ausser die des Autors Rosenkranz selbst 😉
Beckedahl würde ich jederzeit erkennen
Ich kenne ihn, aber er mich wahrscheinlich nicht. Noch zu Tagen der Bonner Republik habe ich ihn auf diversen mittelgrossen und kleinen Tagungen erlebt als einen klugen Kerl, der unserer Jungdemokraten-Politikschule hätte entsprungen sein können: Markus Beckedahl. Geboren in Bonn, aufgewachsen in Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis, wo mann damals innerhalb der Grünen an Horst Becker nicht vorbeikam.
Beckedahl hat nicht nur die re:publica, sondern auch den Blog netzpolitik mitgegründet. Das sind tiefe demokratische Spuren in dieser Republik. Und grosse Schuhe. Von netzpolitik hat er sich vor wenigen Jahren verabschiedet. Das ist politisch und pädagogisch klug, damit mann dort nicht als oligarchischer Opa verendet.
Und jetzt macht er was Neues. Mir ist der strategische Mehrwert im Vergleich zu seinen alten Projekten noch nicht wirklich klar, auch nach seinem heise-Interview (noch) nicht. Eine Gehhilfe für die intellektuell zunehmend minderbemittelten Massenmedien, insbesondere was ihr digitales Analphabetentum betrifft?
Politisch wünsche ich absolut alles Gute.