(17)
Ich lese gerade Han Kang, „Griechischstunden“. Es ist ein außergewöhnlich stilles Buch. Behutsam und zart. Beim Lesen fühlt es sich manchmal so an, als sei ich unversehens in einem Aquarium, oder in einem schalldichten Raum. Es gibt keine Außenwelt mehr. Nur die Welt dieses Romans. Der so ganz anders ist als vieles, was ich bereits gelesen habe. Es ist auf jeden Fall ganz anders als Ocean Vuongs „Kaiser der Freude“ den ich zuletzt gelesen habe, und der mir mit seiner unterschwelligen Ambition verfilmt zu werden, auf die Nerven gegangen ist.
Es ist 11.45 Uhr, in wenigen Minuten muss ich mich auf den Weg zur Arbeit machen. Draußen blauer Himmel, eine angenehme Temperatur, aber ich werde im Keller, in dem sich mein Büro befindet, schnell anfangen zu frieren. Ich werde mir eine Jacke anziehen, oder den Pullover, den ich immer dort liegen lasse, für diese Momente, wenn ich wieder mitten im Sommer frieren muss, weil mein Büro im Keller liegt und für die Besucher:innen, die nur für kurze Zeit vorbei kommen, angenehm kühl ist, für mich aber unangenehm kalt.
Und so fange ich also an dies zu schreiben, um dann von etwas ganz anderem zu erzählen, weil ich ständig schwanke, was zu privat ist, und was zwar nicht zu privat, aber auf jeden Fall zu belanglos ist, um es zu veröffentlichen.
Kürzlich saßen wir zusammen, einige Menschen, die schreiben, die auf ganz unterschiedliche Art und Weise schreiben, und sich über das Geschriebene und das Schreiben austauschen, vielleicht ein Mal im Monat und das seit vielen Jahren, und wir sagten einander, dass wir es inspirierend finden, wenn eine:r von uns roh und direkt erzählt, ohne all die Verschachtelungen und Versteckspiele, ohne das krampfhafte Fiktionalisieren. Aber dass das auch immer bedeutet vielleicht mehr von sich zu zeigen, als man eigentlich von sich zeigen möchte. Hier bin ich also an genau dieser Grenze, die immer wieder neu austariert werden muss.
#Grenze #Lesen #Schreiben