Ist Fliegen sicher?
Wahrscheinlich kennt jeder Pilot oder angehende Pilot die Worte im Bild oben. Die Aussage stammt von Captain Alfred G. Lamplaugh – genannt „Lamps“. Er war in britischen Luftfahrtkreisen sehr geachtet, obwohl er allgemein eine relativ unbekannte Persönlichkeit war († 1955).*
In den letzen Wochen gab es weltweit mehrere große Luftfahrtunfälle. Einige hatten wir auf FlugundZeit bereits näher beschrieben.
Die Kollision einer Lancair mit einer Cessna 172 (2 Tote) überm Marana Airport (Arizona) war nicht dabei. Marana liegt einige Kilometer nordwestlich von Tucson. Nach dem Zusammenstoss landete die Cessna. Die Lancair schlug in der Nähe der anderen Landebahn auf und fing Feuer. Nach Angaben der FAA befanden sich in beiden Flugzeugen jeweils zwei Personen an Bord.
Eine Woche zuvor kam ein Learjet 35A nach der Landung auf dem Scottsdale Airport (ebenfalls Arizona) von der Landebahn ab und prallte gegen eine geparkte Gulfstream G200, wobei der Pilot des Learjets ums Leben kam. Der Jet gehörte dem Mötley Crüe-Mitglied Vince Neil. Er war jedoch nicht an Bord.
Flying isn’t dangerous.
Crashing is what’s dangerous.
Der Toronto-Unfall
Der folgende Unfall zog in den USA große Aufmerksamkeit auf sich, weil die Bilder einfach unfassbar waren: Am 17. Februar 2025 überschlug sich ein Canadair Jet CRJ-900 in Toronto bei der Landung. An Bord befanden sich 76 Passagiere und 4 Besatzungsmitglieder als der Canadair Jet auf der Landebahn 23 in Toronto kopfüber zum Stehen kam. Dabei brachen beide Tragflächen, beide Hauptfahrwerke und das Höhenleitwerk von der Zelle ab.
Grund war aus heutiger Sicht eine extrem harte Landung bei Seitenwind.
Es gab keine Todesopfer, eine Person wurde schwer verletzt, 7 weitere erlitten leichte Verletzungen. Delta bietet an, 30.000 Dollar an jede Person in der umgestürzten Toronto-Maschine zu zahlen.
Anscheinend wurde durch das Abreißen der Tragfläche die Aufprallkraft auf den Rumpfteil minimiert. Die Art der Anbindung der Flächen an den Rumpf schützt die Passagiere in zweierlei Hinsicht: Sie hält den treibstoffreichen Flügel vom Rumpfteil fern und verhindert, dass der Rumpf auseinander reißt und die Sitze verrutschen.
Die Tragflächen sind mit einer Reihe spezieller Bolzen am Rumpf befestigt. Einige der Bolzen sind Scherbolzen, die die Flügelstruktur am Rumpfteil befestigen, andere sind ablösbare Bolzen. Bei einem seitlichen Aufprall mit ausreichender Kraft, wie beim Absturz des Delta CRJ, sind die Tragflächen so konstruiert, dass sie sich von der Tragstruktur lösen, so dass sich der Rumpfteil weiterbewegen und sicher zum Stillstand kommen kann.
Dies kann eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Menschenleben auf dem Flughafen von Toronto gespielt haben. Der Rumpf blieb unversehrt, während er weiterhin kopfüber auf der verschneiten Landebahn dahin schlitterte.
Die Experten der ersten Untersuchung wiesen darauf hin, dass auch die verstärkten dynamischen „16-G“-Sitze des CRJ-900 zum Überleben aller Passagiere an Bord beitrugen. Diese Sitze können einen starken Aufprall verkraften, ohne dass sie aus ihrer Position herausgeschleudert werden oder Personen bei einem starken Aufprall aus den Sitzen geschleudert werden.
Während die mehrere Millionen Dollar teure Flugzeugzelle ein Totalverlust ist, haben das Abscheren der Tragflächen und die dynamischen Sitze offenbar auch dazu beigetragen, dass alle Insassen überlebt haben – etwas, das man nicht in Geld aufwiegen kann.
Every takeoff is optional.
Every landing is mandatory.
Am Valentinstag stürzt eine Caravan (Cessna 208), die (Skydiver)-Absetzmaschine aus Skydive Sebastian (Florida) bei einem Überführungsflug nach Palatka im Wald ab. Der Pilot stirbt dabei. Die 10-sitzige Caravan sollte in Skydive Palatka am langen Springerwochenende (mit Presidents Day am Montag) als Absetzflieger die Vierplatz-Palatka-Cessna ergänzen.
So sollte man als Fallschirmspringer oder Pilot eine Caravan nie sehen!
Photo Credit: Flagler County Sheriff’s Office
Sheriff Rick Staly sagte auf einer Pressekonferenz, dass das Flugzeug vor dem Flug in Sebastian betankt wurde, und dass der Sinkflug „gerade nach unten“ zu verlaufen schien, mit wenig sichtbarem Gleitpfad, was ihn zu der Vermutung veranlasste, dass ein mechanisches Versagen oder ein medizinisches Problem des Piloten vorlag.
A superior pilot uses his superior judgment to avoid those situations where he might have to use his superior skills.
Astronaut Frank Borman
Trotz allem ist Fliegen nach immer die sicherste Art, sich fortzubewegen.
Jede Sekunde startet auf der Welt ein Passagierflugzeug. Die Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes liegt bei 0,00001 Prozent.
Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology ist die Wahrscheinlichkeit bei einem kommerziellen Flug ums Leben zu kommen, 1 zu 45 Millionen.
Das heißt, dass ein Mensch 123.000 Jahre lang jeden Tag unfallfrei fliegen könnte.
Studien zeigen, dass kommerzielle Airlines auf 0,002 Tote pro 100 Millionen Flugkilometer kommen. Vergleicht man das mit anderen Verkehrsmitteln wie Busse (0,03 Tote auf 100 Millionen Kilometer), Züge (0,04 Tote auf 100 Millionen Kilometer) und Autos (0,35 Tote auf 100 Millionen Kilometer), ist Fliegen noch immer mit Abstand das sicherste Verkehrsmittel.
Kampfpiloten haben Eis in ihren Adern. Sie haben keine Emotionen. Sie denken, antizipieren. Sie wissen, dass Angst und andere Sorgen den Blick dafür verstellen, was vor sich geht und womit man sich beschäftigen sollte.
Das sagte Buzz Aldrin, der zweite Mensch am Mond. (Mit dem ich die Ehre eines Mittagessens hatte. An das Buffet erinnere ich mich nicht mehr, aber der Eindruck, den er hinterließ, war prägend. Trotz seines Alters ein herausragender Mensch, Pilot und Astronaut. 🙂 )
Was ich all meinen Fallschirmsprung-Schülern mitgab:
Egal, was auf der Erde dich betrübt oder beschäftigt, lass es da. Sobald man das Gurtzeug für einen Sprung anlegt, dürfen sich die Gedanken nur mehr um den Sprung, das geplante Sprungvorhaben und dessen Erfüllung drehen.
Kümmere Dich um all diese Probleme später. NACH der Landung. Bis dahin zählt nur der Sprung.
H. Kleisny
Leider waren auch die heute kurz erwähnten Beispiele noch lange nicht alle Abstürze, Zusammenstösse und Crashs der letzten Wochen.
Trotzdem. Zum Abschluss eine etwas positivere Sicht der Dinge:
Meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Kapitän. Wir haben ein kleines Problem. Alle vier Motoren sind ausgefallen. Wir tun unser Möglichstes, um sie wieder in Gang zu bringen. Ich gehe davon aus, Sie sind nicht in allzu großer Gefahr.
Kapitän Eric Moody, British Airways, nach einem Flug durch Vulkanasche in einer B747.
Ladies and gentleman, this is your captain speaking. We have a small problem. All four engines have stopped. We are doing our damnest to get them going again. I trust you are not in too much distress.
Capt Eric Moody, British Airways after flying through volcanic ash in a B747.
2 x Humor zum Schluss
Und nun ein wenig Humor aus heutiger Sicht bei den Regeln aus der Vergangenheit. (*Beide Poster – das Introbild und das folgende) hängen übrigens seit Jahrzehnten bei mir an der Wand.)
🙂 Das folgende Bild bot mir die KI als Bebilderung zum Text an:
Ich bin in zahlreichen KI/AI Gremien und Newsgroups. Die Anzahl der Zoom Sessions, zu denen ich eingeladen bin, die ich aber aus Zeitgründen nicht besuche, ist mittlerweile größer als die der teilgenommen. Wie toll die unterschiedlichen KIs mittlerweile Bilder generieren können – nach Aussagen der anderen – trifft leider nicht auf die Luftfahrt zu.
Da kann der KI-Agent noch so toll definiert sein, wenn das Cockpit trotz mehrerer Korrekturen noch immer Powerpoint-Diagramme statt Navigationsgeräten anzeigt, ist das eben für ein faktenbasiertes Magazin wie FlugundZeit nicht brauchbar.
Zugegeben: Bei Katzen und inhaltlich KI-relevanten Bildern klappt es schon ganz gut. In der Fliegerei bleibt es beim Humor…
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